23. Januar 2012

deutschstunde




buchstabiere
mein
winter
2012

regen
viel regen
nur regen
aufregen


© schneewanderer



22. Januar 2012

Roter Mond




Laß dir

ein Glas Wein
einschenken
wir wollen
die Kerze löschen
und Nacht sein

Stumm
dem Nichtgesagten lauschen
das mir jetzt
wichtiger erscheint
als jedes Wort

Decke mich zu
mit deiner Wärme
ich werde dir
die Augen schließen
damit auch du
diesen
roten Mond
sehen kannst


© schneewanderer



Fosil




Will dir

noch einmal
begegnen
wie vor dem
Wort

Reden
bis
der Kopf
leichter wird vom
Reden

Gehen
nicht
Hand in Hand
aber auch nicht
ohne Ziel

Kein Abschied
dann
weil wir
zu ihm
schon fähig waren


© schneewanderer



Immobilie




Rührend

und hilflos
fast
dein Bemühen
am Telefon
nicht zu verletzen

Mir
den Abstand
näher zu bringen
hättest du
dein Herz
nicht in die
Hand nehmen
müssen

Belaß es
an dem Platz
wo ich es
immer
schon
vermutet hatte


© schneewanderer



Nach der Weihnachtsfeier oder kein Taxi, bitte




Wie dich

denn in diese
Nacht gehen lassen
die ihren Morgen
schon kennt?

Diese Achtung
mit der du dich
umgabst
spürbar wie
dieser Kuß
der gar nicht
statt fand

Und doch
deinen
nackten Füßen
nachsetzen
diese ganze, kalte Treppe
hinunter

Nein
es ist nichts
Ja
es ist
diese Frau
in ihrer ganzen Würde


© schneewanderer



Gefangen




Um

Moral
in Frage zu stellen,
bedarf es
ihrer Definition

So
dürfen also
Gefühle
nicht unmoralisch sein

Wie wäre es,
dich zu fragen,
ob ich dich lieben darf


© schneewanderer



Augen




Manche Blicke

teilen mich
in zwei Hälften

Die Eine
gläsern dann

Die Andere
dunkler
als jedes Wort
mit dem ich mich umgebe

Große, ernste Mädchen
üben sie
bevor sie
ins Leben zurückkehren


© schneewanderer



Touristikball




Stapelweise

Photoalben
Willkommene
Gelegenheit
All den Lärm
Zu archivieren

Bis
Auch
Die Letzte
Bordparty
Unter
Selbstklebender Folie
Verblaßt


© schneewanderer



Closer to the truth




Manchmal

nenne ich
in Gedanken
wieder
ihren Namen

Einfach nur
um
diesem
kleinen Schmerz
der sich
Wahrheit
nennt
näher zu sein


© schneewanderer



21. Januar 2012

sportstunde




wehe
du lernst
schwimmen
januar

hier im winter
wo du doch
laufen lernen
solltest

auf weißem
auf kaltem
dort wo
alle kinder
dir ins zeugnis
schreiben


© schneewanderer



zukehr




sich erinnern
wird wie aufwachen
ein blick
und ein ja
er ist da

wieder einschlafen danach
mit dem unverschämten gefühl
von sicherheit unter menschen


© schneewanderer



17. Januar 2012

steinlos II




nichts
an dem
wir uns
verletzen könnten
noch einmal
schlimmer

zwei titel
ein name
zwei zahlen

nie wird
ein mensch
zu stein
kein vergessen
beschwere
den
menschen


© schneewanderer



16. Januar 2012

sternenfels - schloßberg




nach nichts
ausschau halten
wissen nur
wir werden
gesehen

sonntags
sollten
wir immer
fangen spielen
hier oben

dort wo
das lachen
ein gesicht
aus holz hat


© schneewanderer



sternenfels




du wirfst
schatten
einzige
wo kein
winter war
lege ich sie
dir zu füßen

einige
dauern mich
über alle
schatten hinaus


© schneewanderer



14. Januar 2012

Montagsgesicht




Einer meiner

ersten Eindrücke
von ihr:
Da geht
sie wieder
mit ihrem Kopf
den sie
in den Wolken
spazieren läßt

An
der Hand
deine Gedanken
achte nicht
den Weg

Die Wolke
aber
behalte
im Auge


© schneewanderer



Rat



Mit etwas Glück

kannst du dich
einstellen auf:
Bauchschmerzen,
das örtliche Arbeitsamt,
Lampenfieber und
Wohnungssuche in
einer Universitätsstadt

Tue etwas Sinnvolleres
willst du das Gleiche
bei mir tun

Meist vor der Zeit,
ein paar deiner Sorgen
als die Eigenen
vereinnahmt,
horte ich Magentropfen
und ein wenig Geduld,
gönne mir einen Mittagsschlaf

Halte Kummer bereit
und ein Lachen
zwischen Beiden
bist du vorbereitet


© schneewanderer



Schlafgesang




Die Muskeln

meines Nachbarn
bestimmen
den Takt,
der mich
in den
Schlaf wiegt

Gleichmäßig
entzweit
seine Axt
das zuvor
sorgsam
bedachte
Holz

Bis
in die Dunkelheit
fliegen Späne
Auf Eisenbahnschwellen
wachsen
erneut
quadratische Wälder
ins Mondlicht

Ihrer Asche
sicher
vergehen
so
Tage:
Beginnt
mit dem
Geruch
von Birkenholz


© schneewanderer



Mädchen mit Ziegen




wen ich

da sah
inmitten
der Tiere
war schon
gar nicht mehr
dieses Mädchen
mit roten Haaren

So weit weg
war sie
mit allem
was sie
fürchtete
zu denken,
mit allem
was ihr Mut
gab zu träumen



© schneewanderer



Fingerübungen




Ging

und wurde
gegangen
aus dieser Liebe
aus diesem Leben
von denen
es hieß
daß wenigstens
ein paar
gute Eindrücke
die Oberhand
behalten würden

zum Schluß


Mit dem
einen
oder
anderen
Deiner Finger
könnte ich
hand - elseinig
werden

schon zu Beginn


© schneewanderer



Diagnose




(Rückfahrt Unfallklinik)


Die nicht
vorhandene
Kausalität
zwischen Ereignis
und Beschwerden
beruhigt
in Maßen

Die Mappe
mit Röntgenbildern
auf dem Rücksitz
zeigt eine andere
Grenze auf:

Ähnlichkeit
wird sich
einstellen
mit diesem
bleichen Schädel
Gleichgültig
in welchem
Zusammenhang


© schneewanderer



Kleineres Übel




Die Zukunft

wird denen gehören
die ihr schon
abgeschworen haben

Hinnehmbar,
bedenkt man
das Umgekehrte träfe ein:

Denen die sie planen
gehörte sie auch


© schneewanderer



Full Moon Fever




Den Mond

wieder jagen
in all
seinen Farben

im
bohrenden Grün
der Hoffnung
schon um
das kalte Blau
der Vorsicht
wissen

jedes
Stück
hin
zum Menschen
heißt
Sterne bereisen
mit
schlechtem Schuhwerk


© schneewanderer



Tier




Seltsames Tier

dieser Mensch
mit meinem Namen

Das es noch Regung zeigt,
nach dieser langen Zeit

Diese Kälte aber
wird bleiben
Fürchte ich
Hoffe ich


© schneewanderer



11. Januar 2012

Geduld




Sah meinen Tod

mich anlächeln

Lächelte zurück
und wir waren
uns einig
noch eine Weile
zu warten


© schneewanderer



Ausdauer




Beim Anpassen

Beim Einrichten

Wenn wir arg irren
glauben wir
sie verloren zu haben
Dabei taumeln wir schon
in die nächste Bitterkeit

Und die hält sich lange
Haltbar gemacht
in der Kälte
zu der Menschen fähig sind


© schneewanderer



Biblisch




Diesser

kleine König
trägt mich
durch die Abendsonne
wenn ich ihn
in Händen halte

Wüßte er doch schon
das Sanfte
in den Augen
seine Mutter
der Klang
ihrer Stimme
wird ihm ersparen
fünf glatte Steine
wählen zu müssen


© schneewanderer



Schläfer sich erhebend




Die Aussicht

auf einen Menschen
erwachen lassen
wo sich Distanz
nur mühsam
aufrecht
erhalten lässt


© schneewanderer



Fazit




Zu viel gelebt

schon

zu viel getrauert
in der kurzen Zeit

die Aussicht
auf Wiedergeburt
verliert nach und nach
ihren positiven Aspekt


© schneewanderer



Marianne




Ertrinken

und
ähnliche Formen
des Luftholens

Noch nicht ganz
taub geworden
für manche Geräusche:

Dein Haar
mit der
grauen Strähne
wenn du
in der Sonne sitzt,
Kaskaden schwarzen Wassers
daß tief
in meine Sehnsucht fällt

Lange schon
mich nicht mehr
probiert
am Ertrinken
im Glück
so kaum mehr
mächtig
der wunderbaren Arten
Luft zu holen
kurz davor


© schneewanderer



Rosanna




Kein Lied

und kein Rhythmus
werden diesen Gegensätzen
wirklich nahekommen

Erst das Grinsen
mit dem sie ihre
Zähne entblößt
von einem Ohr
zum anderen

Kurz darauf
diese Starre im Blick
nach Beta-Blockern verlangend
und ein Alter
in Wänden aus Gummi
verheißend

Egal
Versprechen muß
sie mir
alles zu leben
Bis dahin


© schneewanderer



Fremdes Meer




Where's the ocean?


Back in town
mit Gesprächsstoff
für fünf Kaffeepausen
und drei mittägliche
Nahrungsaufnahmen

Noch schmeckt
jeder Zungenschlag
etwas nach Salz
Die unreine Haut
gedieh unter
der nahen Sonne

Eigentlich
wollte sie nie weg
Jetzt aber
wird sie
in ihrer Zeit
einmal
nicht mehr
zurückkehren

Meine Zeit, mein Meer
die Sehnsucht endet
an ihren Stränden


© schneewanderer



Frau Tanko




Wenn Namen

Programme
sein können
ist Frau Tanko
Urmutter
dieser Möglichkeit

Kleine
zarte
alte Frau
wie ihr Fuß
fast exakt
im rechten Winkel
anliegt,
den Schwung
auszugleichen
beim Wurf
der Kisten
auf das Band

halbtags
seit neun Jahren
schenkt sie
der klimatisierten Halle
die Aura
eines Ballsaals

Bis,
bis sie
in den Himmel
tanzen wird
auf einem Bein


© schneewanderer



10. Januar 2012

Frau mit Kerze, Irish Pub




Eine Freude

Dir zuzusehen
wie Du
mit der Kerze
umgegangen bist

Eine Freude
Dir in die Augen
zu schauen
auch wenn Du
kurz darauf
gingst

Eine Freude
zu bemerken
daß ich
brenne


© schneewanderer



Zombie




Liebe ist

Wort geworden,
unmöglich mehr
auszulöschen
aus dem schlechten Gewissen
dieser Welt

Auch
dieses am
längsten anhaltende
Schweigen, dem wir
uns seit Geburt
entgegenreden
wird dies
nicht ändern können

Sei bedankt
für deine Zähne
in meinem Fleisch


© schneewanderer



42 Gedichte




Die richtige Zahl

um aufzuhören
Die falsche Menge
um darauf
auszuruhen

Keines
hat Entscheidungen
herbeigeführt,
der Beifall
hielt sich
in Grenzen

Bedingt wohl
daß ich wenigen
gestattet habe
Anteil zu nehmen

Darin bin ich besser
Verzeiht mir
also
ihr großen, blassen
Frauen
den
späten
Ruhm
der euch
zuteil
werden wird


© schneewanderer



Standpunkt




Nicht lassen

können
von den Menschen

Nicht lassen
können
von den Worten

Den Menschen
nicht dem
Wort allein
überlassen,
vor dem er
nicht bestehen
kann

Inmitten
der Menschen
stehen mit Worten


© schneewanderer



Neuzeit oder Bundesautobahn A 5 bei 31° Celsius




Gib mir

diesen
kleinen Krieg
dreispurig
zwischen
Leitplanke
und Notrufsäule

Beherrsche gut
das zeitgleiche
Gaswegnehmen
bei Lichthupe
von hinten
Ja nur
stur links halten dann,
aber mit einer mäßigen
Drift auf die rechte Fahrbahnseite:
dem Keulenschwinger zeigen,
wieviel freie Fahrt
ihm verwehrt bleibt

Lange
nach Austausch
der einstudierten Symbole
endlich
Fuß vom Pedal
Radio leiser
und nicht einmal
bemerkt haben
daß die Evolution
stattgefunden hat


© schneewanderer



No Cure




Wenn dir

diese eine Zeit
deine Zeit
die Worte nimmt
deine Worte
wenn dir
dieses eine Leben
dein Leben
den Mut nimmt
für diese
zeitlos
mutlos
unverständlichen
Worte
wird es Zeit
Mut
zu beweisen


© schneewanderer



Marie geboren am 03.03., 3.00 Uhr




Etwas älter

nein heute schon
erkläre deiner Mutter
so nahe
bei den Sternen
fragt keiner
ob man
wiederkommen möchte

Das Gehen fiel
schon schwer


© schneewanderer