13. Januar 2009

auepark XXVII




an wassern genug
dennoch unser gang
zu brücke und fluß

wo wir leben
wird immer
einer sein

und sei es der
dem wir quelle sind
mündung zugleich


© schneewanderer


mehrung




teile sie
diese nächte
ohne uns

in hälften
die sich
nie wieder fügen
in dieses ohne

ganz sollen sie sein

teilbar nur durch uns


© schneewanderer


wind




er nimmt
deinem baum
die blätter
um diese zeit

ihr rauschen
daß dir eine liebe wurde
mit der zeit

wäre ich wind
würde ich sterben
für deine liebe

wäre ich blatt
würde ich trauern
um dieses sterben

aber ich bin mensch
und lebe von deiner liebe


© schneewanderer


reigen




richtig gelernt
habe ich es nie
vielleicht wegen

dem führen
dem takt
den schritten

mit dir
würde ich mich
noch einmal drehen

drehen um dich

damit du
deine sterne sehen kannst
neben meinen monden


© schneewanderer


wortnahme




auch dies
eine sprache
wenn sich
schweigen
dazu gesellt
unter den
kirschbaum

auch dies
worte
setzen sie
ihren fuß
in die stille

manchmal
die erste sprache

manchmal
die besten worte

aber nie
die letzten


für marion


© schneewanderer


raureif IV




jahr
nun gehören
sie wieder dir
diese morgen
in denen ich
sitze und staune
wie weit du
wieder gekommen bist

geduldig gegangen
bis in den frost


© schneewanderer


immer das gleiche




jetzt macht er
wieder rum
der kerl

zieht dem sommer
das letzte hemd aus

hängt seines dafür
in die gegend

das mit
kastaniengeschmack
mit der nase für pilze

das mit den streifen
aus rot und braun


© schneewanderer


schulbus




noch ist platz
in den kleinen köpfen
für den jahrmarkt

den von gestern
den von heute

um wieviel leichter
macht er diesen morgen
als hätten sie nichts
zu tragen außer
karussell und zuckerwatte

und nicht
diese vielen tage
ihres erwachsenwerdens


© schneewanderer


nacht




unverhofft
deine jähe stille

dabei berührte mich
nur dieser teil von dir

jener
mit dem ende
in seinem anfang

jener
neben den ich mich setzte
am ende des tages
am ende des lichts

unvorbereitet
wie immer
auf jedes ende


© schneewanderer


fundsache




geflohen
das jahr
in die farben

hier werde
ich es suchen
zwischen
rot und gelb
anfang und ende

finden wird
es mich
einen ohne anfang
ohne ende

aber dennoch
angekommen
bei allem


© schneewanderer


fellmond




keinen schlaf
heute nacht

keinen traum
diese nacht

den mond
gefragt
in der nacht

nach dir
bei nacht

sie schläft ihn gut
deinen traum
heute nacht


© schneewanderer


lehre II




dumm von mir
zu denken
es gäbe
worte dafür

ein wort
ein einziges

davon
bin ich
wach geworden
an diesem morgen

von diesem spüren

und von dir


© schneewanderer


elternabend



wieder
die letzte reihe
der harten bänke

der drang
papierfliegern
den weg zur tafel
zu zeigen

nie mehr
wird mich
ein pausengong erlösen
vom streit zwischen
wissen und wissen müssen


© schneewanderer



 





bild © schneewanderer



heimkehr II




das jahr
wendet sich
seinen farben zu

den kräftigen
den letzten

kehrt heim
in die kürzer
werdenden tage
setzt sich neben mich
an den herd
und wartet mit mir
auf diesen einen tag
in seiner einzigen farbe
wenn sich bunt
wandelt in weiß


© schneewanderer


schnitt




noch nicht
der große
der ganz große

mich aber
in den schlaf
gelegt vorher

den kleinen

damit man
sehen konnte
in mein innerstes

nie werden sie
deutlich genug sein
diese bilder

weil es war
ein schlaf
ohne traum


© schneewanderer


auepark X




am kleinen teich
die exoten gehüllt
in tote blätter

sorgsam bedacht
vor dem licht
mit den resten aus ihm

als könne sich
winter nicht frühling nennen
am grab der frösche


© schneewanderer


kein versprechen




traurig
werde ich sein
hat es einmal
ein ende

dein sein


nicht mehr viel
werde ich sein


nur noch ein mensch
ein geringer

ein kleiner mensch
vor seiner größten trauer


© schneewanderer


nach der lesung




stiefmütterchen und blues
regen auf dem gewächshausdach

hier gaben wir
den gedichten
eine stimme

eine laute
eine lautere

verstehen
erwuchs
in den gesichtern

dieses eine
mit dem geruch
von stille


© schneewanderer


brief IV




winter wird sein
einer der besten

viele briefe
werde ich schreiben
morgens in der küche

beginnen werde ich sie
mit dieser wärme
der ersten

der für dich
der besten

enden werde ich sie
mit diesem schnee

den für uns
den ersten


© schneewanderer


friedhof in königsfeld / schwarzwald V




zwei mädchen
die liegen
ganz nahe
an einer birke

drei jahre alt
wurde das eine
sieben das andere

als die trauer
mich umarmte
so wie sich
die beiden halten
sprach der baum zu mir:

nicht doch
ich habe ihnen
alles erzählt
alles beigebracht

was sie hören wollten
was sie wissen wollten

an dem tag
da sie mich umarmen
lausche ich ihnen

wie es war
das leben
mit ihrer
mutter baum


© schneewanderer


friedhof in königsfeld IV




ein stein
zeugt nur noch
von euch

eure namen
nahm die zeit

wir stehen vor euch
namenlos wie ihr
in unserer zeit

wie ihr
gebettet
in das
bevorstehende
unkenntliche


© schneewanderer


pausenblick VII




noch gehört es mir
dieses denken

mit allem
was es ausmacht
mehr macht
weniger macht

auch in dieser zeit
da sie macht
erlangen wollen
über dieses denken
das mich ausmacht


© schneewanderer


alte rede




wo wir wären
wären wir nicht
bei uns?

jeder bei sich
für sich
außer sich

keiner beim anderen

unser einziger gast
die sehnsucht
sitzend am schmalen tisch
bei kargem mahl

alle morgen
alle abende


© schneewanderer


empfang




das wuchernde grün
in dem wir ausruhten
selbst zu ruhe wurden

die vogelschwärme
über den dächern
kaum mehr auszumachen
gegen den abendhimmel

wo sonst
hätten wir hin können

zu dir
zu mir

empfangen von uns


© schneewanderer


brief




so würde er
geschrieben
der erste

etwas unbeholfen
etwas zaghaft

fast so
wie ich dich
küsse morgens
bevor ich gehe

damit du
lesen kannst
mit geschlossenen augen


© schneewanderer


kassel - süd




die nahe autobahn
liegt im streit
um diese zeit
mit baum und vogel

möge der wind drehen
mich hören lassen
was vorher war

was immer sein wird
auch nach dem wind


© schneewanderer


garten III




das gras
unter den
nackten fußsohlen

den mund
voller himbeeren

die abende
im garten
mit der sicherheit
um das wenige

das wenige
an notwendigem
den sommer
zu bewahren
vor dem fortgang


© schneewanderer


vertrauen




komm näher stunde
keine angst
niemand wünscht
dir ewigkeit

sei einfach nur bald
werde augenblick
in dem moment
da mir meine liebe sagt
für immer


© schneewanderer


12. Januar 2009

nun




sie gehören uns
die letzten sommertage

jene die nach anfang riechen
nicht nach ende

diese stunden
werden wir sammeln
das gehende licht
in ihnen

es zu scharen
neben all unsere tage


© schneewanderer


auepark XXVI




eigentlich
könnte
dürfte
müßte

ich erst morgen
oder übermorgen
von dir schreiben
über dich

von diesem bild in mir seit langem

deine bäume
deine wege
deine wasser

dein einer mensch
der mir alles gezeigt hat
zu allen jahreszeiten

immer gefaßt darauf
aus der fassung zu geraten

wie die stadt
die dich begrenzt

dir nie einhalt gebieten kann


© schneewanderer


beste rede




nun bin ich
der wind

dieser vertraute

der in den eichen
dessen laut
du nie vergessen wirst

nun sind wir
der wind

sind vertraut
bis zurück
in die erste sprache


© schneewanderer


längste rede




kein dach
werden wir brauchen

nur den himmel
über uns

den eines sommertages
den im herbst
jenen im winter
wieder den im frühling

und sind alle
jahreszeiten verbraucht
werden wir
schreiben von ihnen
als wäre es
eine gewesen


© schneewanderer


bitte




sei brav
lege dich
noch einmal
so wie wir gelegen
in der nacht

sei wach
im traum

sei du
im traum

sei wir


© schneewanderer


neue rede




ein dach
unter dem wir leben

in der nacht
als letztes geräusch
deinen atem wahrnehmen

leise wahrheit
schöne wahrheit

einfach werden
alle tage

neu
und
unsere


© schneewanderer


auepark XXVI




dein haar
nehmen sie dir
dein hohes gras
auf den inseln
im waldigen meer

herrlich
riecht der verlust

gehen möchte ich
in ihm barfuß

weil dieser sommer
keine wunden verspricht


© schneewanderer


schweden V




erde
als mangel
auf den steinen

fichten
auf der
wenigen erde
treiben wurzeln
in den stein

treiben risse
in den stein

aber er hält alles
aus diesem mangel


© schneewanderer


schweden VI




vor jedem haus
ein fahnenmast

ein fingerzeig
in blau und gelb

als gäbe es
der bäume
nicht genug
behilflich zu sein
die hand zu legen
an den himmel


© schneewanderer


mit dir




noch einmal
in den garten gehen
bevor er sich
zur nacht
hinüber neigt

uns leiser macht
um die ameisen
nicht zu überhören

auf den kleinen
straßen
des glücks


© schneewanderer


helle rede




keinen mond
hatte ich dir versprochen
lange bevor ich
diesen meinen nördlichsten sah

schlafen ließ ich dich
bis ich dir erzählte
von dem einen versprechen
dir zu erzählen
von allem was ich sehe

keinen mond
werde ich mehr sehen
von dem ich soviel
erzählen könnte

keinen menschen
der mich so
sehend macht


© schneewanderer


schweden IV




der wind
kam hier
auf die welt

seine wiege
aus stein

seine mutter
die inseln
nach der
er schreit
mit jeder welle
an den
ungezählten ufern


© schneewanderer


schweden III




die grenze sei
jene insel
nach dieser

zu fuß aber
nur diese paar schritte
durch heidelbeeren
und flechten

und mein blauer mund
möge gelten
als passierschein


© schneewanderer


bremsweg IV




blutig der morgen
mit einem dünnen
faden rot

hier endete
dein weg
einen anderen kreuzend

dein schlaf
dauert unendlich nun
meinen machst du kürzer
sehe ich dich wieder
im traum

kleiner
dünner
toter
fuchs


© schneewanderer


schweden II




buchfinken
belagern
hütte und wald

rücken an rücken
mit einer fichte
unterzeichne ich
die kapitulation

brotkrume um brotkrume
buchstabe um buchstabe


© schneewanderer


schweden I




in nadelstichen
probierte sich
hier einer

nahm birken dafür
und fels

der faden
aus regen
und blau
aus wolke
und wolken
und noch
einmal
wolken

ewiger versuch
solange es regnet
aus diesen wolken

auf baum
auf stein
und himmel


© schneewanderer


Dekade




Nach den Jahren
den Silberstreif
entdeckt
auch bei dir


Deine Kleine
sehe ich immer noch
den Hang im Garten
hinunter purzeln
wie damals

zweijährige
lebende
Lawine


vielleicht
hätten
wir
unsere
Sturheit
hinterher
schicken
sollen


einen
noch
steileren
Hang
vielleicht


zehnjährige
lebende
Erinnerung


die sich
heute in
den Arm
nehmen kann


© schneewanderer


reisende




leg sie aus
die erinnerungen
eine nach der anderen

damit sie uns
weg werden für
die nächsten

baue ihn breit
diesen weg

die reise
hat eben erst begonnen


© schneewanderer


pausenblick VI




so müßte es
geschrieben werden
dieses eine
dieses letzte gedicht

zur einer solchen zeit
da sich die wolken
ihrem blaßrot
nicht erwehren können

ich meine augen
nicht abwenden kann
und endlich eingesehen habe
daß ich gar keine gedichte
schreiben kannn


© schneewanderer


pausenblick V




in grund und boden
hüpft mir die amsel
die minuten

in die ahnung
von frieden

während der tag
seinen krieg anzettelt


© schneewanderer


sehnsucht II




nicht diese sorge um dich
eine andere sah dich
ruhen unter deinem baum

vergessend alles
dich erinnern an alles

nacht weckte dich
mit ihrer kühle
aus den scherben der sonne

du sahst
baum
ast
und zweig

das hohe gras
in seinem
verblichenen grün

du sahst mich
wie ich dich sah
als ich meinte
dich nicht hören
zu können


© schneewanderer


sehnsucht




dein haar
zwischen meinen fingern
auch das eine weiße

dein blick
auf mich
während ich schlafe

all dies vertraute
in das wir vertrauen

es fehlt
genau in der sekunde
ohne es


© schneewanderer


pausenblick IV




auge ist es
mein ohr

sieht den lärm
der nahen autobahn

hört die meise
den zweig
hinunter biegen

mit blindheit geschlagen
an diesem morgen
will ich nie mehr sehen
bis der ast
sein zittern beendet


© schneewanderer


bilanz nach der zehnten stunde




keine zahl bin ich
kein hunderstel seit ihr
in meinem tag

kein tausendstel mag ich sein
in irgendeiner rechnung
die den fehlbetrag aufweist
zwischen gewinn und mensch

kein noch so geringer punkt
in den fieberkurven an
euren wänden

rechnet lieber
mit berechenbarem

nicht mit mir


© schneewanderer


kleine rede




von allen
seiten betrachtet
erkennbar ihr makel

worte nur
gepflanzt
in die
leeren tage

wo wir sie brauchen
silbe für silbe

von der
einen minute
ohne dich

bis zu der stunde
ohne mich


© schneewanderer


heimkehr




mich schreibe ich
in den morgen

diesem haus
auf dessen schwelle
du mich erwartest

barfuß
werde ich es
betreten mit dir

mit schritten
gemacht aus tag

diesem einen
diesen vielen
diesem einzigen

für chris


© schneewanderer


tiefenbach




rebstöcke
kirche
hügel
wald

apfelbäume
als friedhofsmauer

die menschen hier
legen geduld in alles

bis es weiße blüten
auf gräber schneit

bis sie selbst
ernte werden


© schneewanderer


anfang




ein tasten war es
ein sich finden

im eigenen wort
in dem des anderen

wollen und hoffen
lag zwischen allem
verborgen erst
und dennoch klar

keiner hörte
unser erstes sprechen
der holunder nur
und seither wächst er
schneller in den himmel


© schneewanderer


sieben




sieben blätter
der zweig

der ast
der baum
er sieht es
dir nach

er hat dir
nachgesehen
als du aus
seinem schatten tratst

sieben blätter
der zweig

sieben finger
hat nun deine hand
die mich hält
an das licht


© schneewanderer


auepark XXIII




zu teilen nur
dieser himmel
mit den blutbuchen
über uns und
der gabelweihe

und selbst die
irgendwann nur noch
ein verschwindender
punkt im blau

so also
sieht sie aus
die ewigkeit
auf die wir sahen

von der wir gesehen wurden

unter baum
unter himmel
unter uns


© schneewanderer


gute rede




sprich mir vor
sprich mir nach

wir folgen den worten

sie reden
über uns
das beste

als lägen sie
dem leben
auf der zunge


© schneewanderer


herz




nun ist es deines
da wo es ruhiger wird
dort wo es hin wollte
wo nach ihm gefragt wurde

schlagen höre ich es
lege ich den kopf
auf deine brust


© schneewanderer


nachsicht




war auf dem weg
noch einmal
in den schlaf
zu finden

in das gegenteil

dich zu finden
in ihm

beinahe
elf lebensjahre
ihr ganzes wachsein
ihre fragen um
diese zeit

sie müssen
dir genügen
als entschuldigung
für mein fehlen

und sie tun es


© schneewanderer


grund




weil sie dir
am nächsten kommt
deine stimme

weil sie deine ist
weil ich sie höre

lange nach
deinem letzten satz
lange vor
deinem ersten satz

deshalb muß
ich dich hören
damit du
meine stimme hörst


© schneewanderer


langhurst IX




nun ist also
die reihe an mir
die türe zu öffnen
meinen vater zu wecken

den menschen der mich
aus dem schlaf erweckte

so trage ich
wachsein heim
bis an den tisch
den er mir deckte


© schneewanderer


im garten




berg war ich
für die ameise
die mich bezwang

oben angekommen
waren wir eins

die mutige
der schläfrige
die zufriedenheit


© schneewanderer


auepark XXII




nun hat er
kein dach mehr
die gänse sind fort

wollte sie einer zählen
sein wunsch käme
einen vogelzug
zu spät

wir aber liegen
immer noch
auf dem rücken
sehen sie fliegen
über uns

als wären sie
nie verschwunden
wären da für immer

wie wir


© schneewanderer


reihenfolge




wichtig
die amsel
das nest
die jungen

unwichtig
die fabrikhalle
der lüftungsschacht
der tag

sie sind
mein tag

amsel
nest
die jungen


© schneewanderer


genesung




weit gekommen
in´s nahe
fern ist sie
geworden
die ferne

weißt du noch
als wir sprachen
ahnungslos?

damals
als wir schon wußten


© schneewanderer