21. Oktober 2008

genesung




hier mit dir also
endet der tag
einer von vielen
nicht meiner

keine angst vogel
nun nicht mehr
da ich dich sehe

lächelnd
den garten
hinter mir lasse

den tag
die stunde
die wunde


© schneewanderer


himmelfahrt




bus gefahren
wald begangen
naß geworden
uns geküßt

ein tag
zwei eigentlich
viele sicher so
auf der erde
in den wolken


© schneewanderer


auepark XVII




sommer schlich sich an
mittags in dieser
einen halben stunde

lautlos
haltlos
wolkenlos

ungeschickt wie immer
da wir ihn notierten
auf eigener haut
auf anderer haut

in unserem gehen
in unserem bleiben


© schneewanderer


kassel, friedrichsplatz



nicht euch
gehört sie
diese stadt

den tauben
denen ohne ölzweig
den letzten punks
dem leierkastenmann

mir gehört sie
eure stadt

die ich nicht brauche
und sie nicht mich


© schneewanderer

zusammenkunft




nun bist du
wieder da
kleiner vogel

früh im jahr
spät am tag

was könnte ich
dir sagen nur
was du nicht schon
gesagt hast

stumm wie ich
scheu wie ich


als ob wir einander
schenken könnten
flug und wort
stimme und feder


© schneewanderer


worte zum holunder




nun erst
sehe ich dich
mit deinen augen

sehe hindurch
sehe hinauf

sehe mensch
sehe baum
sehe dich

den einen menschen
für diesen einen baum

(für chris)


© schneewanderer


gleichzeitig




kleiner
machst du mich
klein und kleiner
auf daß ich
platz finde
in deiner hand
auf jedem finger
von ihr

größer
machst du dich
größer und größer
damit wir
liegen können
wimper an wimper
auge an mund


© schneewanderer


Regen auf der Strecke Dresden - Coswig




als müsste gott ihn
eimer für eimer
hinunter in die elbe tragen
als bräuchte er
stufen dafür
als hätte er
weinberge gewählt dafür
weich zu fallen
dieses mal


© schneewanderer


unter meiner decke




blau mein morgen
drunten hüpfen ihn
die amseln zu tag

drinnen schläfst
du ihn uns
länger und länger
bis er fliegen kann

von deinem
atem
zu meinem


© schneewanderer


auepark XV




wollig der sonntag
mit schwarzer maske
mit mäulern gegen das gras

mit fell an rinde
schaf an baum

ließe man sie
frei die herde
sie würde folgen
denen die
handschuhe tragen
gegen den frühling


© schneewanderer


antwort, aus liebe




nie werde ich
anders schreiben
als mit der schrift
eines blinden

unleserlich
unbrauchbar
unnötig
wären sie alle

all die worte
wären sie nicht
geschrieben aus
diesem einen grund
den man nicht
schreiben kann


© schneewanderer


störche, sonntags




einen bogen beschreibend
selbst zu einem werden
immer wieder neu

so öffnen sie sich
den himmel und
verschließen ihn

in dem augenblick
da ich vergeblich
federn suche an mir


© schneewanderer


dann II




kein himmel
keine hölle
kein ort
kein zustand

nichts erwartet mich

außer diesem
spätsommertag
an dem ich dich
zum ersten mal sah

da wird man
mich finden
könnte ich je
eine spur hinterlassen

außer dir


© schneewanderer


abschied




ein tag
wie ein riß
durch das leben
durch meines
durch deines
licht fällt
durch ihn
licht daß wir sehen
davor und danach


© schneewanderer


auepark XIV




sonntags im frühling
treten sie dich lauter
mit ihren vielbeinigen zungen

gehen in dir
als gäbe es dich
nur zu dieser zeit

verwechseln nun mit immer

du aber schweigst
bis in den abend
bis in die ruhe
die keiner mehr hört


© schneewanderer


verlangen II




im flugzeug sitze ich immer hinten
dann sterbe ich weniger
wenn es abstürzt

ach kind
gelänge es mir wieder
nur ein einziges mal
wieder da zu sein
wieder so zu sein
wo du bist
wie du bist

kein flug
machte mir angst
kein sterben
und kein leben


© schneewanderer


antwort




sollten sie fehlen
die worte

die richtigen

nimm die kleinen verschlafenen

die einfachen
die wichtigen


© schneewanderer


stadt II




ohne schlaf bist du
wach ohne unterlaß

kein gesicht hast du
lese ich in deinen vielen

tier du
mit zähnen
die sich graben
tief und tiefer
in die wenigen worte
die ich für dich finde


© schneewanderer


bedingung




vier raben fegen den
schnee vom dachfirst

einer lauter als der andere
einer schwärzer als der andere

wären sie leiser
wären sie heller
schneite es nicht

so aber höre ich sie
so aber sehe ich sie

das haus
das dach
den schnee


© schneewanderer


andria, das kind




hätte die welt augen
könnte man
auf sie schauen
sie hätte deine
man sähe dich

hätte sie eine stimme
würde sie gehört
ein einziges mal

es käme ein wort
zu ohren daß noch
unaussprechlich ist
für dich

eines an daß wir
unser lächeln binden
versuchst du dich
an ihm

luftballon




© schneewanderer


furcht




daß das eis
dich nicht mehr trägt
in einem der
weniger werdenden winter

im sommer dann
um deine haut
gestritten wird
weil die jahreszeiten
aufgehört haben

davor habe ich angst

dir nicht mehr
schreiben können
von meiner angst
und du nicht lesen
kannst von ihr


© schneewanderer


dann




kalt wird sie einmal
noch kälter als in
jener nacht
in der du die decke
über sie gelegt hast

aber auch dann
wird sich am morgen
meine schulter
an deine legen
und so tun
als hätte sie
es nicht bemerkt


© schneewanderer


10. Oktober 2008

auepark XXVI




dein haar
nehmen sie dir
dein hohes gras
auf den inseln
im waldigen meer

herrlich
riecht der verlust

gehen möchte ich
in ihm barfuß

weil dieser sommer
keine wunden verspricht




© schneewanderer


inhaltsverzeichnis


...

102927 Quadratkilometer

abschied

Alle Türen

alte rede

Am Ufer I

Am Weg

andria, das kind

anfang

ankunft

anrede

antwort

antwort, aus liebe

auepark

auepark II

auepark III

auepark IV

auepark V

auepark VIII

auepark X

auepark XI

auepark XII

auepark XIV

auepark XV

auepark XVII

auepark XXVI

auepark XXII

auepark XXIII

auepark XXVI

auepark XXVI

auepark XXVII

bahnhof wilhelmshöhe, kassel

Baika

baum im feuer

Baum mit Zeichen

baum will ich sein

bedingung

beste rede

Bestimmung

bilanz nach der zehnten stunde

bitte

Blaues Herz

bremsweg

bremsweg IV

Brennnessel und Löwenzahn

brief

brief IV

dann

dann II

Darum Schnee

Das zweite Haus

davon

Dekade

Dem Mann an den Geräten

dialog

Die Kirche als Nachbar

Die mich kitzelt

Die mich lesen

Drachenblut

Drei Birken neben der Landstraße nach Sessenheim

Du willst mich tragen?

Edgar

eine rede

einfache mathematik

elixier

Ellen

elternabend

empfang

Er bleibt

erde bin ich

erklärungsversuch

erste rede

Fabrik der Engel

falle

fellmond

fels ohne namen

Ferngespräch

finderlohn

Fremde

Fremde Schrift

frevel

Friedhof in Königsfeld / Schwarzwald

Friedhof in Königsfeld / Schwarzwald II

Friedhof in Königsfeld / Schwarzwald III

friedhof in königsfeld IV

friedhof in königsfeld / schwarzwald V

Frühes Stück

fundsache

furcht

garten III

Gast bei dir

Gehe mit

geleit

genesung

Gerüche

gleichzeitig

grand mal

grund

gute rede

heimkehr

heimkehr II

helle rede

herz

himmelfahrt

im garten

im schlaf

immer das gleiche

irrtum

Irrweg

Jeden Tag

kalenderblatt

Kassel, Auepark

kassel, friedrichsplatz

kassel - süd

kein versprechen

kein wort

kleine rede

Korrektur

längste rede

Langhurst I

Langhurst II

Langhurst III

Langhurst IV

langhurst V

langhurst VI

langhurst IX

Leere Couch

lehre

lehre II

Leise Klage

mehrung

Mein Schattenbaum

Mensch

mit dir

Mit Flügeln

möglichkeit

moment

morgen

morgen in der großen stadt

nach der lesung

nachgang

nachrede

nacht

Nachtflug

Nachtgang

nachsicht

Nebel, früh am Morgen

Nest

neue rede

No mercy

notrede

nun

Nur

Ohne Flügel

Pausenblick

pausenblick IV

pausenblick V

pausenblick VI

pausenblick VII

Raureif I

Raureif II

Raureif III

raureif IV

raureif V

Regen auf der Strecke Dresden - Coswig

reigen

reihenfolge

reisende

Saat

Schneeflocke

schneewanderer

schnitt

schulbus

schweden I

schweden II

schweden III

schweden IV

schweden V

schweden VI

Seeblick

sehnsucht

sieben

Sie geht

Sie streiten

sommer

Sonntag im Juli

Spatzen beim Baden

Spaziergang im Herbst

Sprachkurs

Spur

stadt II

Sternschnuppe

Stimmen

störche, sonntags

strecke

Tauwetter

tiefenbach

Traudel

unsere brücke

unser fuchs

unsere rede

unter meiner decke

Unsichtbar

verlangen

verlangen II

verlustmeldung

Verrichtungen

vertrauen

Verzeihlicher Irrtum

Verzeih mir

vorhaben

Wald im Dezember

wind

Wegzehrung

weißer

weitblick

Widmung

Wie ich schreiben lernte

Woher denn !

woher sie kommt die liebe

Wo ich gehe

worte zum holunder

wortnahme

zusammenkunft

Zustände

Zwänge

Zwei - am 1. Mai




© schneewanderer


5. Oktober 2008

auepark XVIII




krähe jagt krähe
abend den tag
stare suchen
im grün den grund

wir aber liegen
nichts über uns
als baum und blatt
nichts zwischen uns
was schatten
werfen könnte



© schneewanderer


auepark XXIII




zu teilen nur
dieser himmel
mit den blutbuchen
über uns und
der gabelweihe

und selbst die
irgendwann nur noch
ein verschwindender
punkt im blau

so also
sieht sie aus
die ewigkeit
auf die wir sahen

von der wir gesehen wurden

unter baum
unter himmel
unter uns




© schneewanderer


auepark XIX




sie werden
fragen nach dir
brücke und fluß
rotbuchen und teich

sein wasser
dem der winter
eine neue haut schenkte
die du dann gestreichelt hast
mit deinen füßen wie meine
mit deinen händen

alle werden
sie fragen
nach dir
abwesende
angekommene



© schneewanderer


auepark XXI




er hat deine
nackten füße geküßt
bevor ich es tat
als du lagst
mit dem herzen bei ihm

dort nach den pilzen
anfang des sommers
die graugänse über dir
alles in dir
von ihm
durch ihn




© schneewanderer


auepark XX




in allen ecken
hätte er welche
ist er himmel

hinter jeder kurve
den ungezählten
ist er erde

überall lauert
die gelegenheit
den unterschied
zu spüren
der keiner ist

zwischen himmel
und erde




© schneewanderer


auepark XXVI




eigentlich
könnte
dürfte
müßte

ich erst morgen
oder übermorgen
von dir schreiben
über dich

von diesem bild in mir seit langem

deine bäume
deine wege
deine wasser

dein einer mensch
der mir alles gezeigt hat
zu allen jahreszeiten

immer gefaßt darauf
aus der fassung zu geraten

wie die stadt
die dich begrenzt

dir nie einhalt gebieten kann




© schneewanderer


22. August 2008

frevel




unangenehme gerüche
gebracht in die stadt
zwischen zwei wohnblocks
am späten samstagmittag

buche und eiche
die vier jahre
sich gedulden mußten
feuer zu werden

ein glück
daß die kinder
schon weg waren
als die polizei kam

wie man ihnen
das feuer erklärt
seinen zauber?

man lädt sie ein dazu
und hofft daß ihre nasen
nie erwachsen werden
nie zu dumm
nie zu blind


© schneewanderer


woher sie kommt die liebe




von dem
was zwischen uns liegt
hat nichts mehr platz
zwischen uns

von dem
was vor uns liegt
an zeit und traum

von dem was an uns liegt
von dir - von mir


© schneewanderer


falle




nichts was ich
mitgebracht hätte
damals im september
nichts wovon die rede wäre:

den sommer noch im ohr
deine stimme die ihm glich

nichts außer
diesem wissen
um viele sommer
einer ewigkeit


© schneewanderer


baum im feuer




jährig
seine sprache
mit resten von sommer
am mund der geduld

einmal noch
höre ich
sein wachsen
obwohl es endete
lange vor diesem
kalten morgen


© schneewanderer


auepark XII




in den pfützen
laichte der sturm
federn und buntes
schnäbeln in ihnen
nach dem grund
der gewalten
tiefer und tiefer
und finden ihn nie


© schneewanderer


moment




es geht
nutella auf banane
und tischdecke zu plazieren
morgens während ich ihm
erkläre daß nintendo nicht
der anfang der welt ist
nicht ihr ende

er wird es vergessen irgendwann
unser gespräch in der küche
zehn minuten bevor ihn
die straßenbahn in die schule brachte

irgendwann
hat sich die welt
ihm erklärt


© schneewanderer


eine rede




früh wach sein
immer früher als du

hinaus treten
zwischen den
baumkronen
den mond sehen

eintreten
und dich sehen

zwischen baum
zwischen mond

in mir



© schneewanderer


grand mal




tief gefallen
nicht tief genug

leichtes liegen
war es
als es lag
dies leben

in der hand
die sich
nicht schloß


© schneewanderer


langhurst VI




ein sommertag
sonntags

zwei kinder
drei und anderthalb jahre alt
spielen vor einer riesigen straßenwalze

damals wurde
acker an acker gereiht
mais an wald
gehen lernen an gehen müssen

flurbereinigung 1964
steht auf der rückseite
des alten fotos

ein paar jahre nur noch
dann habe ich
eine kleine schwester
keinen großvater mehr

und dieses bild gefunden


© schneewanderer


unser fuchs




nichts
trägt er
im maul

keine furcht
keine schuld
kein gestern

keine nacht
kein dunkel

er trägt uns
zu den orten
in uns


© schneewanderer


weitblick




den mond
möchte ich schauen
für dich

an dem morgen
an dem er
nicht zu sehen ist

sehe ich
doch dich
jeden morgen

an dem du
nicht zu sehen bist


© schneewanderer


notrede




gib mir
deinen tag
ohne mich

ich gebe dir
meinen ohne dich

es ist
eine stunde dann


© schneewanderer


verlangen




strecke dich holunder
mit deinen armen
aus kommendem

solange bis
deine hände sich legen
an das gesicht des sommers

deine fingerspitzen
dem himmel
ein lächeln abgewinnen

© schneewanderer


unsere rede




die gleiche sprache
gleitet dir deine decke
von der schulter

erwähnt es der schlaf
im nebensatz
als hauptsache

wärme sie
bedecke sie
diese schulter

diese eine schulter


© schneewanderer


fels ohne namen




zeit machte ihn
zeit verbarg ihn

gräser und moose
sein rücken

zu liegen auf ihm
in einem sommer
der längst vergangen
der immer sein wird


© schneewanderer


erste rede




auch dies
ein morgen
einer der unseren

morgen wird aus ihm
immer und immer wieder

sprechen wir auch
von heute
von gestern

an diesem morgen


© schneewanderer


auepark XI




absehbar auch ihr verschwinden
sei ihre rinde auch noch so weich

ihr alter, ihr altwerden
unvorstellbar für einen
der die hand an sie legt
klein und kleiner wird dabei

maßstab für so vieles
die jungen mammutbäume
in meinem alter


© schneewanderer


erklärungsversuch




die zeitweilige abwesenheit
aus diversen alltagen
sie bedürfte keiner erklärung

einem zehnjährigen jungen
das großes taschenmesser
mit dem nußbaumgriff anvertrauen
den haselnußzweig gleich dazu

ihn brennholz sammeln
lassen im schneegestöber
für das feuer an dem er sich
seine hände wärmen wird

seiner mutter das lächeln entlocken
wenn sie all das sieht
sich erwärmt am sehen

all dies bräuchte keine erkärung
gelegentlich aber möchte ich wissen
woher mein lächeln kommt


© schneewanderer


möglichkeit




könnten steine schlafen
schliefe ich wie einer
neben dir

aber sie wachen
rund und glatt und klein

legen sich in unsere hände
auf daß wir meinen
es könnten hände sein

wach und weich und warm


© schneewanderer


bremsweg




ein fuchs
eine taube im maul

die nacht
in den tag tragend

hell wird er sein
mit einem blutigen faden rot
in dem einen winkel des himmels


© schneewanderer


raureif V




bis zu den kleinen weiden
die stämme gezerrt
vom wald zum wasser

nackt und naß
liegen sie
vor meinen augen
in deinen

unser blick reicht zurück
bis an die wurzeln


© schneewanderer


kalenderblatt




unleserlich
geworden
die wochen

meine augen
sagen stunden
bis zu dir

deinen augen
unseren tagen


© schneewanderer


auepark V




vier krähen
sichern
gegen den winter
mit schnäbeln
aus neid

jahr fraß tag
monat das blatt

stille kommt nieder
unter den gebirgen
aus laub


© schneewanderer


auepark VIII




verhaltene reste von eis
auf den kanälen

dieses maß an vergänglichkeit
nehme ich wahr als angenehm

anders das wissen
um einen der letzten gänge
über die brücken
um die empfindliche schicht
aus erinnerungen

in diesem letzten winter
vor dem vergessen


© schneewanderer


im schlaf




nicht
daß ich selbst fror
unter dem neuen mond
unter den fragen
den alten

aber
deine schulter
war eine
schmale, kühle sichel
die ich bedeckte
mit einem arm voll zartem


© schneewanderer


Raureif III




wohin gehen
wenn nicht
an den anfang

dahin wo
der mensch
seinen ersten
schritt setzte

an den rand
der zeit
an die grenze
zwischen
erde und wasser

dahin
wo sich
tiere
versammeln
morgens

scheu
durstig
wachsam

und doch
voller vertrauen

in die erde
in das wasser
in die zeit

hier
an diesem
weiher
am sechsten tag
des jahres


© schneewanderer


Raureif II




eis trug uns
am ersten tag

das behutsame rot
der baumspitzen
nahe beim ufer

am zweiten tag
gingen wir verloren
da nichts uns trug

außer licht
außer wasser

außer uns



© schneewanderer


Edgar




der erste Mensch
der mir einen
silbernen Fisch
in die Hände legte

vorher wohl
oft genug
eingeschlafen
auf seinem Bauch
seiner Brust
die schon lange
die gleiche Farbe hat

der erste Mensch
der mich lehrte
Feuer zu entfachen

den Bäumen vorstellte

der erste Mensch
der meine Mutter
Frau nannte

der erste Mensch
der neben ihr
liegen wird
gleitet sein
glänzendes Leben
ihm aus den Händen



© schneewanderer


21. Juli 2008

langhurst V




kleine schritte
nötig wohl
zum schmerz

die entfernung
meiner schulbank
zum pult

die länge
eines rohrstocks

die alte frau
gegenüber
schlug die
katzenkinder tot
im kartoffelsack
an der mauer
des misthaufens

damals
bekamen
meine augen
die kälte
in´s blau
gestellt


© schneewanderer


nachgang




heute
schläft
sie nicht
die nacht

heute
kann man
in ihr gehen

auf wegen
aus mond

auf solchen
aus eis
und schnee

mit jedem
schritt
schatten

mit jedem
schritt
licht


© schneewanderer


elixier




es braucht mich
dieses eine gedicht

bliebe sonst
ungenießbar

diesen einen
schluck traum
behält es zurück

bevor es mir
den becher reicht

damit ich
trinken kann

bis auf
den boden
der worte


© schneewanderer


weißer




wonach
er riecht?

bloß nicht
die nase fragen
würde nur
mit den
flügeln zucken

nimm dich
an der hand

nimm dich
als kind

dann nimm
deine augen
als sie ihn
zum ersten
mal sahen

danach
riecht schnee


© schneewanderer


finderlohn




aus traum
die nacht

du
und
er

ihr seid es
die mir
worte macht

aus du
und wir


© schneewanderer


verlustmeldung




blau
die nacht

warm und wir

eine decke
unter der
wir stecken

niemand
wird uns
finden hier

außer nacht
und blau
und warm
und wir


© schneewanderer


schneewanderer




vergänglich sein
es für immer bleiben

niemandes fußstapfen
vor sich

einen weiten weg
hinter sich

ich baue worte
aus ihm

bis weiß
fällt
auf weiß

laßt mich gehen
von silbe zu flocke

von wort
zu wort


© schneewanderer


ankunft




nichts
wog mehr
als diese trauer

nichts
konnte sie hindern

die hand
hat sie mir gelegt
auf die schulter

auf die eine
diese eine trauer

auf der anderen
deine hand
mit deiner trauer

nie
war sie leichter
diese eine trauer


© schneewanderer


auepark IV




baum 3420
mittlerer wuchs
ohne erkennbare
auffälligkeiten

ein gelbes schild
aus plastik
an seine
rinde geheftet

ich aber
nannte ihn
beim namen
als er
meinen rief


© schneewanderer


nachrede




was noch
zu sagen
gewesen
wäre

nimm es mit
in deinen schlaf

bis
rede
und
antwort

bis zu mir


© schneewanderer


einfache mathematik




auch dieser
tag zählt

deine sorge
meine sorge

deine frage
meine frage

eine mehr
in unserer
gleichung


© schneewanderer


geleit




worte

ein lächeln
vor sich
her schickend

ein lächeln
nach sich
ziehend


© schneewanderer


unsere brücke




der erste weg
war der
zu dir

der erste weg
war der zu ihr

fluß sind wir
wolken sind wir

etwas darüber
etwas darunter

alles sind wir
auf ihr


© schneewanderer


kein wort




heute
liegt sie
neben dir

meine
sprache

das erste wort

daß ich nie
schreiben werde

neben dir


© schneewanderer


erde bin ich




in allen farben
in jedem licht
unter jedem himmel

erde bin ich

unter jedem
deiner träume


© schneewanderer


baum will ich sein




das eine
stück himmel
mit füßen
tief in der erde
mit händen
braun von ihr
mit augen
weit durch ihn
das eine
stück erde
himmel durch ihn


© schneewanderer


Frühes Stück




Noch
schläfst du
deine Worte
für mich

noch
träumen sich
meine
aus dem
Schlaf

noch
begegnen wir uns
am Rande der Nacht


© schneewanderer


auepark III




um wieviel schwerer
tragen sie nun
an diesem
bleiernen himmel

die bäume
des parks

an diesem
fünften tag
da er ihnen
das licht
verweigert

wie einem
bettler
das brot


© schneewanderer


morgen




weiß dich
schlafend
um diese stunde

weiß dich
träumend
um diese stunde

tag wird
aus dieser stunde

aus dem
erwache ich
nicht mehr

weiß ich dich
träumend


© schneewanderer


irrtum




als käme sie
in frage

diese eine frage

ob es möglich ist
mich zu lieben

nie
so geirrt
du antwort
du


© schneewanderer


Bestimmung




Wieder
und
wieder

fallen wir
in´s Wort

fällt das Wort
in uns
seinen Spruch

sei einzig
sei du
sei ich

wieder
und
wieder


© schneewanderer


auepark II




eine weide

ihre äste
gezwungen
von menschenhand
wider ihr
eigentliches bestreben

sich zu neigen
in den blinden spiegel
des teichs

als dankte sie
dem wasser
nicht schon genug
das aufrechtsein

© schneewanderer


Nachtflug




Angekommen
im Hotel
erzählst du mir
am Telefon
man hätte
unterscheiden können
im Flug
anhand der Lichter
Dörfer und Städte

in dieser Nacht
war ich Eines

das Hellste
das Dunkelste


© schneewanderer


bahnhof wilhelmshöhe, kassel



werde versuchen
solche orte
zu meiden

solche tage
die dich
mir wegnehmen

ewig dankbar
bis dahin

für die
fünfminütige
verspätung
die der ice
uns schenkte


© schneewanderer

auepark




enten
in die uferböschung gewachsen
um die mittagszeit
junge eichen
verlieren die letzte scheu
sich zu entkleiden

von irgendwo her
eine sirene
die der amsel
die stirn bietet


© schneewanderer


davon



von diesem regenschirm
der roten weste
den ahornblättern
auf der windschutzscheibe

eines konnte
ich retten
bis zu mir

von der hand
die den regenschirm hielt
die mich grüßte
als käme ich
ginge nicht

von dieser hand
werde ich
in irgendeiner
der kommenden
nächte erwachen

ein traum
in rot
in kommen
und gehen
und mensch

und ahorn


© schneewanderer


Kassel, Auepark



Der Teich
ein Kissen
der Wind
weht ihm
Blätter
in den Saum

von einer
Jahreszeit
zur Anderen
könnte ich
schlafen hier

bis an´s Ende
der Blätter


© schneewanderer

anrede




lieblingsmensch
wäre ich

bin ich

gib mir
alle namen

auch deinen


© schneewanderer


morgen in der großen stadt




den innenstadtring
überhöre ich
seinen lärm

dieses mächtige
tier
daß sich ernährt
von dezibel

meine aufmerksamkeit
die ganze
alle

schenke ich
dieser einen
einzigen
fallenden
eichel

dem kirschbaum
der noch blutet
tage nachdem
er gefällt wurde

für chris
dem altem mann
mit tränen
in den augen


© schneewanderer


dialog



ein mond
ein licht

ein ort
eine zeit

zwei menschen

gleichzeitig


© schneewanderer


lehre




dumm von mir
zu denken
es gäbe
worte dafür

ein wort
ein einziges

davon
bin ich
wach geworden
an diesem morgen

von diesem spüren

und von dir


© schneewanderer


vorhaben




werde
im mondlicht stehen
weit oben
im ersten stock

einen fluß hören
einen park riechen

den sprung wagen
über´s wasser gehen

dir dein weiß nicht
in den höchsten ast hängen


© schneewanderer


Mit Flügeln




In Fell
greifen morgens

in Träume
weicher
als die Eigenen

in Schlaf
der länger hält
als meiner

in Lebendiges
wo eigentlich
nur Kissen
sein sollte

in Flügel
greifen
fährt meine Hand
im Dunklen
ahnungslos
in gute
dreißig Kilo Hund


© schneewanderer


Sprachkurs




Morgens
in der
einen Stunde
vor Tag
verstehe ich ihn
eine erstes und
einziges Mal

den alten Mann
gegenüber
mit hängenden Schultern
und eingefallenen Wangen

seine Tochter
holte ihn
wahrscheinlich aus
einer morbiden Kleinstadt
mit renoviertem Stalindenkmal
mit Schornsteinen
anstatt Himmel

Ich verstehe ihn
für diesen einen Moment
zieht er an seiner Zigarette
buchstabiert
seine Lunge ihm
den Tod




© schneewanderer


Seeblick




In unregelmäßiger Flucht
zwei Kastanien
eine Akazie

nicht zur Flucht bereit
auf der weiten Fläche Wasser
zwei Blesshühner
eine einsame Ente

im Rücken
dröhnen die Mähdrescher
den Durst in die Gläser

aus meinem
trinke ich
den Sommer

das Ende
dieser einen Flucht


© schneewanderer


Friedhof in Königsfeld / Schwarzwald III




Johann Conrad Rinderknecht
1784 - 1850

Erster Knecht
fällte den ersten Baum


nach ihm
wieder Bäume
Menschen


zu viele Menschen
zu wenig Bäume

in´s Leben
gehauener Nachlaß
eines Ersten


© schneewanderer


Verrichtungen




Worte
zu tragen
vom Vergessen
in`s Erinnern

Worte
zu legen
vom Gedachten
in`s Gedächtnis

Worte
zu heben
unter`s Lid

Den Schlaf
vergessen machen
erinnert er mich
an den Tag


© schneewanderer


Langhurst IV




Autobahnausfahrt Offenburg
Gengenbach / Kinzigtal
Villingen - Schwenningen
Strasbourg - Süd

Fünf Minuten
nach der Ausfahrt
mein Elternhaus
ein Dreirad
die alte Schule

Sieben Minuten
nach der Ausfahrt
ein Friedhof
meine Mutter
mein Bruder
mein Großvater

All die Anderen

Alles so nah
und doch so weit


© schneewanderer


Friedhof in Königsfeld / Schwarzwald II




Wald kriecht in Stein
Stein ergibt sich Grün

Im Buchs
werden
die Verhandlungen
geführt
in welcher Farbe
die Hoffnung
am Fahnenmast
der Trauer
gehisst wird


© schneewanderer


Ohne Flügel




Sperling
sie würden dich
liegen lassen
bis die Sonne
dich holen
kommt

Bis hinein
in den
letzten Geruch

Soviel Angst
einmal selbst
der Erde
nicht mehr
widersprechen
zu können

Darum
meine Hand
als letzten Flügel
für dich


© schneewanderer



A.P. Ryder - der tote vogel



Pausenblick




Zaun
dahinter
Brachland

Welch falsches Wort
für Lebendiges

In den Himmel stechend
Baukräne
ein Monstrum säugend

Ein Geplantes
Ein Gewolltes

Zum Richtfest
müßte es
regnen dann

Manche Himmel
mögen sie nicht

Unsere Pläne
Unser Wollen

Unsere Nadeln


© schneewanderer


Friedhof in Königsfeld / Schwarzwald




Kein Gitter
hindert
uns Lebende
am Eintritt

Sandsteinquader
überzogen
mit einer Haut
aus Moos

Keiner
überragt
den
Anderen

Keinem
würde
es
geduldet

Wären doch
die Leben
gewesen so

Weich
und
Gleich


© schneewanderer


Mensch




Leiser Mensch

Mensch
im Gehen

Lauter Mensch

Mensch
im Kommen

In der Zeit
dazwischen

Erde
streuen
auf
Gräber

Worte
in
Windeln
legen


© schneewanderer


Zwei - am 1. Mai




Der
letzte Tag
vor dem Kindergarten

Feiertag
Geburtstag

Immer

Der Kalender
ist Pate

Schneewittchen
auf der Torte
war aus Plastik
mit ihr
die sieben Zwerge

Der Rest
zu groß für die Gabel
zu groß für den Schnabel

Ein Märchen
dieser kleine Mensch

Wir dürfen es lesen
mit offenem Mund

Für Andria


© schneewanderer


Irrweg




Schwere Traktoren
fahren das Wasser
nach oben

Zu den
diesjährigen
Weinstöcken

Den Schmalen
Den Durstigen

Zu denen
die Dürre
noch nicht
kennen

Wir bringen
Wasser hinauf
zu unseren
Sünden
von gestern


© schneewanderer


Spaziergang im Herbst




Die Sonne
warm
im Nacken

Das Eisen
der alten Bahnlinie
hat die Wärmste
aller Farben
in diesem Licht

Bäume
Hecken
beginnen
zu bluten

Und ich
will absolut
keine Erste Hilfe
leisten


© schneewanderer


Sternschnuppe




Wünsche
wünschen

Mir
Dir
Uns

Nicht
das
Übermaß
der unruhigen Welten
da oben

Gelegentlich
einen Tag
wie diesen heute


© schneewanderer


Wald im Dezember




Vor der Treibjagd
die Hochsitze
wie Wachtürme
aneinander gereiht

Keine Pacht
erwarb je
das Recht
auf die
Schlüssel

Kein Gefängnis
also dieser Ort

Keine Gefangenen

Außer
dem Einen


© schneewanderer


Brennnessel und Löwenzahn




Doch er hat sich bemüht.
Mein Onkel.

Der immer zu wenig T-Shirts
mitbringt, besucht er mich.
Weil ich eine Rotznase habe,
und immer vortäusche
nur den Kopf auf seine
Schulter legen zu wollen.

Fünf Minuten,
zehn Minuten
lag er neben mir
zwischen Grün
und Gelbgrün.
Weil ich
in´s Nurgrün
langte.

Hab´ihn natürlich
gleich verstanden!

Und dann hörte er
plötzlich auf
zu erklären.

Weil ich ganz weit weg war,
so wie ich schaute.
Aber eigentlich ganz nah.

Das sollte ich ihm erklären.

Aber das bekommt er selbst raus.
Wenn er einmal ganz weit weg ist.
Und doch nicht.

Wenn er dann noch einmal
hier ist
in meinem Alter
dann weiß er es.

Wo ich bin,
wenn ich so
an ihm
vorbeischaue.

Andria Natalie 2 Jahre (fast)

Mein Onkel hat es aufgeschrieben für mich.
Kann noch nicht schreiben.

Aber schauen.
Und in Brennnesseln langen.


© schneewanderer


Spatzen beim Baden




Im Kies
mischen sie

Grau mit Hart
Weich mit Braun

Die
Steine
Waschtrog
dann

Mit
einem
Rand
aus
Flaum
und
Federn


© schneewanderer


Korrektur




Einer Farbe
eher dem 0rt

Blau
ist drinnen

Tief, tief drinnen

Da wo es
stumm bleiben
darf um gehört
zu werden

Nicht festgehalten
werden muß

Ein Augenblick
Ein Gedanke
Ein Mensch


Ein kleiner, wunderbarer Vogel
Ein Stück Holz
Eine Muschel

Der schönste Ort
der schönsten Farbe
für den Menschen


© schneewanderer


2. Juli 2008

Gerüche




Ja
den Geruch
angenommen
dieser
Tage

Ruhe roch nach Mehr
Stille war ein Strand

Jeder
Morgen
eine Welle

Aber nichts roch
wie das Holz

Nicht so gut

Einer Handvoll Spinnen
den Sommer bewahrt
auf daß sie
den der Mücken
verkürzen

Einen Vogel gesehen
auf dem Stiel der Axt

So rasch
So gründlich
So bleibend

verliert sich Schärfe

Ein Tag bald
der wird versuchen
mir diesen Geruch
zu nehmen

Ein Montag
Der Nächste

Und nur
ein Versuch


© schneewanderer


Stimmen




Wie nur
zurückfinden
in diese
eine Minute?

Hier draußen
erreicht mich
nur Flüstern

Das wärmende Murmeln
zwischen Himmel
und Sonne

Sie
sprechen
Blau


© schneewanderer


Er bleibt




Zurück
mit der einen Trauer
die wird mich wecken
in irgendeiner Nacht

Zurück
mit diesem einen Traum
der wird sie schlafen legen
diese Trauer
in irgendeiner Nacht

Dazwischen
aber Leben

Raum
für Tag
und
Nacht


© schneewanderer


Unsichtbar




Fast
eins geworden
gegen Mittag
mit den paar
Metern Grün
hinterm Haus

Ignoriert
von den Meisen
oben auf dem
jungen
triebhaften
Kirschbaum

Keiner
hätte mich
hier entdeckt

Niemand
hatte gesucht
nach mir

Angelehnt
an kommende
Himbeeren
und
Quitten

Außer diesem
leichten Geschmack
von Glück
auf der Zunge


© schneewanderer


Sie geht




Nimmt mit
an Jahren
einst
für immer
gedacht

Nimmt mit
an Leben
einst
für Zwei
gedacht

Nimmt mit
den einen
Traum

Ihren

Läßt zurück
den anderen Traum

Meinen


© schneewanderer


1. Juli 2008

Nebel, früh am Morgen




Du
hinderst mich
nicht
das Weite
zu suchen

Dein
Ende
bestimmen
Andere

Andere
wie
Wärme

Der
späte Morgen


© schneewanderer


Langhurst III




Kleine Schritte
nötig nur
zum Glück

Sich am Rockzipfel
der einfachen Dinge
festhalten

Der Sommer genügte
als Eintrittskarte
für den See

Die Wälder
Kinderzimmer
Fixstern

Der Vater
Lehrer mir

Der Erste
Der Beste

Wie groß dagegen
fallen sie heute
gelegentlich aus

meine Schritte


© schneewanderer


Sie streiten




Um die Farben
dieser Welt

Um die Laute
dieser Welt

Ob der Regen
sich noch einmal
anhört wie sein
leiser Bruder

Ob mich
die Amsel
ruft in den Tag

Sie streiten
seit ich sehe

Sie streiten
seit ich höre

Ein paar Tage
machen ihn aus

Frühling
unsicherer Sieger du

Winter
schlechter Verlierer du


© schneewanderer


Baum mit Zeichen




Schön
wie sie glänzt
die Axt
zu meinen Füßen
Strahlend
die makellosen Zähne
der Säge

Nun
werde ich
meinem Boden
fremd gemacht
was nie Luft bekam
wird atmen müssen

Aber ich war frei
Selbst im Fallen
bin ich es

Es ist Lächeln
krachen meine Zweige
splittern meine Äste
weil
im Niedergehen
habe ich
meinen schönsten Trieb
noch einmal
auf der
Rinde gespürt





Um den Baum
herum gedacht

Für Rudi
stellvertretend

Für alle Bäume


© schneewanderer


Jeden Tag




Meinen Kopf
wollen sie

Für ihre Zahlen
ihren Umsatz

Die Hände
noch dazu

Jeden Tag

Und
jeden
Tag

am Morgen
drehe ich

den Kopf
zum Fenster

zu blicken
in die
aufgehende Sonne

weil ich
ihn brauche


© schneewanderer


Am Weg




Die jungen
die kleinen Bäume
gezwängt
in Reihen
und Linien
aus Holz
und Metall

Keiner
erreicht
die Stärke
meines Armes

Lange nicht

Wir würden
verderben
so früh
dieser Ordnung
unterworfen

Der Apfel
leugnet
die Strenge

Mit jedem Biß


© schneewanderer


Dem Mann an den Geräten




Eine kleine
eigene Schuld
eingestehen

Für das Überhören
Für das Übersehen

Was eigentlich
laut die Stimme erhob
deutlich vor Augen war

Langsamkeit
und
Morgen
sind
Hauptwörter

Gesundheit
das
Oberhaupt
aller Wörter

Ein
Großes
für
Zwei
gedachtes
Versprechen
abgeben

Ohren auf
Augen auf



Einen Gedanken aufheben
Ihn weitertragen zum Nächsten
Auch zu sich

Für die Muse der Muse


© schneewanderer


Raureif I




Die kalten Finger
der Nacht
berühren meine

hier am Weiher
zwischen
Schilf
und
Frost

Noch einmal
ist die Sonne
eingeschlafen

Dreht
dem Tag
den Rücken zu


© schneewanderer


Leise Klage




Wen ich störe
am Sonntag
früh am Morgen?

Den Reiher am Bach

Lautlos begegnen wir uns
Lautlos flieht er vor mir

Staunend
Stumm
sehe ich ihm nach
bis er sich niederläßt
auf einer alten Weide

Vorwurf nun
vom Schnabel
bis in die Krallen

Stummer Vorwurf

Wie das Schweigen
vor dem Schreiben


© schneewanderer


Die Kirche als Nachbar




Laut
immer
viel zu laut
die Glocken
zur Totenmesse

Als müßten sie
die Trauer
übertönen

Immer
Alle

Und nie
will sie es


© schneewanderer


Wo ich gehe




Nicht viel
an flachen Wegen

Hügel
vom Morgen
bis in den Abend

Von einem Himmel
in den Nächsten

In die Falten
hat der Mensch
Weinberge
gelegt
Obstbäume

Immer
mit dem einen Fuß
im Wachsen

Mit dem Anderen
im Ertrag


© schneewanderer


Langhurst II




Der Tag
hatte die Sonne
ins Wasser gelegt

Nach Mitternacht
legten wir uns dazu

Der Mond
schenkte Glanz
auf ihre Haut
mir ein Tuch
aus Lippen
ihn noch glänzender
zu machen

Im Spiegel
Ihre Augen
Der Schönste

Abschied nehmen so
von der Jugend

Alle Monde so
Alles Loslassen


© schneewanderer


27. Juni 2008

Das zweite Haus




Kein Buch
kein Eintrag darin
verrät mehr sein Alter

Umsonst
die Mühe damals
leserlich zu schreiben

Keine Hand
löst mehr
die rostigen
schweren Nägel
Die sie einschlug
hat eine andere Farbe jetzt

Leicht ist sie

Jede Schindel
die Dünnen
die Durchsichtigen
tauschte ich
gegen Neue

In
diesen Stunden
bei diesem Tun
Im Halbdunkel
Im Licht

Immer im Auge
den Nagel
verrät
mein Haus mir
sein Alter


© schneewanderer


Die mich kitzelt




Heute
schreibt
das Leben
eine neue Zahl
in dein Alter

Schöne Zahl
Weiche Zahl

Wie das Lachen
beim Lesen

Wegen diesen Tränen

Einen Strauß
voll Tränen
aus beiden Augen
für dich

Weiche Tränen
Schöne Tränen



Für Uschi

Muse kommt nicht von müssen
Lachen müssen kommt von Dir


© schneewanderer