18. August 2010

schlagbaum




wenn es ginge
das du gehst
an diese
eine grenze

bis dahin
wo ich
warte
auf
dich

dann schlage
ich vor
einen baum
als treffpunkt




© schneewanderer


worte vom holunder




ein mensch
wird mich suchen
mich entdecken dann

ein schatten
nach dessen licht
nach dessen worten

mich vorher dürstete




© schneewanderer


Herbst kommt




Die Himbeeren
spielten Wald
im Juni

so schielen
ihre Ausläufer
in Richtung
Dachfirst

zwei eingeschüchterte Kirschen
halten dem Juli die Stellung:

ein einziges Paar Rot
am Rande der Straße
in den August



Für Sherdil




© schneewanderer


Ausrede




Sie werden
mich holen
kommen

meine Worte

dorthin
wo ich
nie sein werde

und so lange
schon bin




© schneewanderer


Wenn du wieder singst




An dem Tag
falten wir
Papierflieger
aus den Arztberichten

streichen sie glatt hinterher

das beste Notenpapier
das mit Wind
zwischen den Takten

an dem Tag
wird deine Stimme
laut genug sein
hell genug
schön genug

deinem Tod
die Stimme
zu nehmen

dein bester Tag dann

sein Schlechtester




© schneewanderer


Nicht heute




Man findet
mich nicht
obwohl
meine Anwesenheit
registriert wurde

Genau und penibel

Bis in die Sekunde
wie jeden Morgen

Will glänzen heute
durch Abwesenheit

Den paar Worten
näher sein
die ich registriere
kurz bevor
mein Dasein
erfaßt wird



© schneewanderer


12. August 2010

traumbaum




in deiner jugend sah ich dich
größer als wir menschen
je sein werden
je sein können

man grub dich
in fremde erde
bis du ein teil
wurdest von ihr

einer mehr
zum himmel hin
einer mehr
an den ich
meine hände
legen will


Der Küstenmammutbaum (Sequoia sempervirens)
wurde im Jahre 1893 im Exotenwald in Weinheim gepflanzt


© schneewanderer


steine




sie liegen noch
reihe an reihe
wir er sie
dort haben wollte

wie sie ihn
lesen ließen
in stein und mensch

vorgestern
war ich noch
einmal mit ihm
fast oben
in seinem
kleinen himmel
von damals

oben auf dem turm
den er mit seinen
händen vor der zeit
bewahrte - um diesen
einen sommer mehr

meinem vater gewidmet

ein gedicht so schreiben
wir er steine aneinander reihte....


© schneewanderer


schloß ortenberg/ortenau




der kleine finger
genügt
der kleinste

mit ihm
von hier
oben aus

kannst du
alles berühren

land
zwei länder
himmel und erde

die weinberge
den schwarzwald

sogar der wind
und die sonne
halten still
für diesen
einen moment
in dem du
blickst auf alles


© schneewanderer


altes lied




nicht das
alte lied
singen
nicht das
gleiche

von wegen
alt werden
miteinander
und so

stolz auf dich sein
bringst du eine
pusteblume
halbwegs
heil
heim

das gewitter
alle gewitter
bestaunen mit dir
wie kleine kinder

so will ich
leben mit dir
jeden unserer tage
bis einer
dem anderen
nachts die decke
über die
kalten
schultern
legt


© schneewanderer


montag




ja
ich sehe
dir nach

so vieles
so viele male

wie heute
an diesem morgen
als du gehst
mit dem sommer

aber ohne sorge
mein blick
weil er mich
wieder findet
wie du mich
gefunden hast

weil ich
warte
voller
erwartung
in dein warten


© schneewanderer


komplott




nur mit dir
nur heute
teile ich
grund
und
boden

diesen abend
im sommer

diesen grund
warum du
dich wagst
in die nähe
von gras
und mensch

und vogel
schweigt
über den
menschen

und mensch
schweigt
mit der amsel


© schneewanderer


mitteilbares




so sind wir
allem eine
spur näher

hier wo
wir dem
himmel
auf den
pelz rückten

sei unbesorgt
nachts hat
er krallen
und maul

uns laut
daran zu
erinnern
daß wir ihn
teilen dürfen
diesen garten


© schneewanderer


grund




bis morgen
mich sagen hören
am telefon

am anderen
ende
an keinem
ende
angelangt

mein vater

auch durch ihn
bin ich morgen

ein wenig heute
viel von gestern


© schneewanderer


sommermorgen




eine perle
der morgen

der tag
wird sie
in seine hand
nehmen

kleiner
und
wärmer
und
wärmer
macht die hand
den morgen

so wird sein
nur noch
tag
so wird sein
nur noch
sommer

und die kühle
wird wachsen
ins morgen


© schneewanderer


genesung




kein schatten
über der zeit
kein schatten
über mir

wäre sie
immer nur
so leise
gewesen
in meiner zeit

sie müßte nicht
ihr lager suchen
hier neben mir
auf gräsern


© schneewanderer


du in farben




eine von ihnen
einen der regenbogen
man hätte es
zufall nennen können

du aber
standest
unter zweien
an deinem
glücklichsten tag

mich nahmst du mit
an beide enden
in den einen anfang


© schneewanderer


bremsweg VXI




kein gras
bedeckt dich
nie wird es mehr
hoch genug sein
dich zu verbergen

wie du dich
nicht mehr
verstecken kannst
vor tod und mensch

kommst du
wieder
kleiner
monatiger
fuchs
meide mensch
meide den tod

und dieses gedicht


© schneewanderer


in der kirche zu zwätzen / jena




wieder ein fluß
wieder fand
blau das gelb

hier durftest
du weinen

hier wo
sich fanden
leben und glück


meiner frau gewidmet


© schneewanderer


vorsätzlich




ja gesagt
werde ja sagen
gestern
übermorgen
immer

zu dir
zu uns

einziges wort
unter uns menschen
kleines wort
neben den anderen
schönstes wort
für uns menschen

für chris


© schneewanderer


nicht mehr




nicht mehr
was es braucht
ein jahr fast
nach dem meer

die vorstellung
sandkorn zu sein
bewegt nur noch
durch das wasser

sein kommen
sein gehen

eines unter vielen
eines unter keinen


© schneewanderer


fledermäuse




die ersten
sterne
am abend

lautlos
wie die
helleren
fangen auch
sie unsere blicke

werden vermißt
am tage
an so vielen tagen
ohne sie


© schneewanderer


03.06.2010




verläßliche
wärme
endlich

im garten
finde ich dich
umgarnt
von
efeu
holunder
wein

hier bleibe

hier
werde ich
dich finden
müßte ich dich
jemals suchen


© schneewanderer


schauen XIV




der himmel
ein graues band
als flechte einer
zusammen
regen und wolken

nimmt er
in die hand
das eine
läßt er los
das andere

wir würden uns
um diese kleinigkeit
nicht mehr so sehnen
nach wärmeren tagen


© schneewanderer


im rechten licht besehen




vorhaltungen
sind meist nur
nachgetragenes


© schneewanderer


ein garten in tschernobyl




da ißt einer
von dem
was geblieben ist
nachdem nichts
mehr war

(er meidet aber
den sauerampfer)

er mißt
das unermeßliche
das unbegreifliche

blickt er in den himmel
sieht er die schwalben
wenige nur noch
mit flügeln
wie sie waren

blickt er auf die erde
sieht er eine welt
wie sie nie
hätte sein dürfen


© schneewanderer


pfingsten bei wöschbach / pfinztal




hier sollten wir bleiben
den sommer über
alle sommer

wir würden vergessen
alle jahreszeiten
all ihre namen

und uns selbst
würden wir
nennen
mensch


© schneewanderer


amsel und abend




letzt gesehenes
lebendiges
im grün

sehe ich dich
sind sie
müde geworden
die flügel
vom tag

unter euch
will ich mich legen

unter vogel
unter grün
unter tag


© schneewanderer


unterm kirschbaum




nie waren wir sicherer
uns und dem schlaf
als hier im mai

wie wir
uns sicher sind
unter allen bäumen
in allen nächten


© schneewanderer


12.05.1935




in viereinhalb jahren
hat der krieg begonnen

neunzehnhundertvierundvierzig
bist du ein dünnes mädchen
die kommunionkerze in der hand

wir hätten gerne gefeiert
dieses beinahe alt gewordene leben
mit dir zusammen
ohne die wir nicht wären
heute - am zwölften mai zweitausendundzehn

meiner mutter gewidmet


© schneewanderer


auf der heimfahrt




keine sicherheit
außer der
du bist
eingeschlafen
zwischen
der einen heimat
und der anderen

und wachst du auf
warst du ihnen
nie näher


© schneewanderer


im mühltal bei eisenberg




bach und wald
lange nährten sich
mensch und mühle
von ihnen

nun braucht es
den menschen
der ruhe
herr zu werden


© schneewanderer


weitblick




irgendwann
ist all mein glück
die wenigen talente
verbraucht

eine sorge
nur noch
die ich hätte

daß an diesem tag
der holunder nicht blüht

du gehst nicht
ans telefon

ich kann dir
nicht sagen
freitag sehen
wir uns
das erste mal


© schneewanderer


blessur




wer hat dir
ein bein gestellt
armer mai?

daß du
so gefallen bist
zurück in
längst vergessene
wetter?

hier
nimm meine hand
damit du weiter
schreiten kannst
im jahr

die aus sorge
um die
junge brut

die aus sehnsucht
nach deinem gehen


© schneewanderer


dazwischen




zur neige gehender raps
dicht am letzten haus
sein blühen soll
keinen mehr täuschen!

felder
sortiert
in grün
und gelb

an ihren rändern
alte obstbäume
einer gibt dem
anderen eine
krankheit weiter

dann endlich
der bach

hier sind wir
gegangen

nach einem regen
vor einem regen


© schneewanderer


11. August 2010

abel archer 1983




diesen knopfdruck
weit
waren wir
dem untergang
nahe

den
den die
vernunft
verhinderte
oder
die einsicht
daß er alle
grenzen
verwischt hätte

so nahe
am atem
des drachen
so ruhig damals
unser schlaf


© schneewanderer


braunschweig - vor dem dom




erweckt es ihn
noch einmal
das glockengeläut
sonntags
am morgen?

wohin er
dann auch blickte
der löwe
er sähe
keine andere welt
keine bessere

wieder nur die
die ihn erhob
näher dem stein
nicht nahe genug
dem himmel


© schneewanderer


friedhof in königsfeld / schwarzwald VII




johann
conrad
rinderknecht
ein leichtes
dein grab
wieder zu finden

der gelben fingerzeige
waren es genug
hier im april

hier wo sie dich
legten ins moos
als einen der ersten
einer unter vielen

brüder und schwestern
die sich gleichen
wie kein baum
dem anderen


© schneewanderer


besuch




drei katzen
in deinem garten
drei gänse
am teich
im kirschbaum
der mond

all das sah ich

und den frühling
der sich hinauf wagte
bis zu dir

bis hinein
in erwachende
tulpen

angelika gewidmet


© schneewanderer


vorkehrungen




jeden abend
die amsel
auf dem dach
gegenüber

laut ist sie
dieses eine
mal noch

als wollte sie
locken den tag

komm
laß uns finden
einen baum
einen ast
einen zweig

dort wo wir
noch einmal
singen werden
dem licht


© schneewanderer


möchte gern




reden mit
meinen großvätern

sie
ihre töchter
und söhne
sonntags
zum kaffee holen

eigentlich
alle sonntage

alle die sehen
wie ich mich
erinnere

alle die nichts mehr
sagen können

und ich ihnen
dennoch zuhöre


© schneewanderer


april




den meisen zusehen
wie sie das jahr nähren
bis hinein in den sommer

bis es fliegen kann
bis wir es herbst nennen

bis dahin
wo wir selbst
ins leere greifen

erinnern wir uns
wie es war damals
wie wir waren
mit flug und feder


© schneewanderer


nachdruck




als ob es sich
leichter verlieren würde
dies leben
ohne das schreiben

wahrscheinlicher aber
das schreiben
damit wir uns
leichter finden
im leben


© schneewanderer


fälle




komm weiter
komm näher
komm zu dir

sei du
sei ich
sei wir

keine regel
der wir
unterliegen


© schneewanderer


fortschrift




das war ich
das kind
mit der kreidetafel
schüchtern
im ersten jahr
des lernens

weiter bin ich
nie gekommen
bis hier

bis ins wort
das immer
nur noch
ich entziffern kann


© schneewanderer


schauen XIII




am abend
die sonne
gehen sehen

manchmal ist
sie alt
langsam
müde

manchmal ist
sie kind
schnell
ungeduldig

jeden abend
sehen wir uns
ankommen
gehen


© schneewanderer


erwiderungsversuch




müde geworden
die sprache
legt sie sich
in deinen garten
unter die ewigen bäume

treibt gedichte
in die hoffnungsvolle rinde
vertraut auf dich

vertraut daß du
hand legst
an wort
und wachsen

gewidmet
reiner kunze


© schneewanderer


gedichte




unteilbare
zu teilende
hoffnung
auf ein ende
des schweigens


© schneewanderer


efeu



immerwährendes haus
zwischen den häusern
er hält den zaun
hält die welt
im grün

heute sah ich
die amsel
das bett bereiten
für kommende besitzer


© schneewanderer


schauen XII




nach dir
rufe ich
komm
siehe
die wolken
das licht
wie es spielt
mit ihnen

verschiedene
die sich
gleichen
wie wir


© schneewanderer


mutterland




erst danach
sprache
musik
schreiben

auch in
dieser erde
gedieh ich

aber nie mehr
wünsche ich
mich zurück
in dies
behütete
schweigen


© schneewanderer


fast neid




wegen diesem
einen wort
daß du
nicht schreibst
sondern sagst

wegen der
vielen wörter
die ich schrieb
wo ich nicht
besser hätte
sprechen können

aber uns gleich
uns eigen
die sprache

die eigene
die fremde


© schneewanderer


nach dem genozid




achten
und
schlachten
trennte nur
die falsche grammatik

das wort mensch
blieb unaussprechlich
in so vielen sprachen


© schneewanderer


gartengrund




das hier sein
das da sein
hätte es
keinen anderen grund
dies wäre einer:

die taube zu sehen
wie sie das wort
frühling ins
grün flügelt


© schneewanderer


schauen X




fast könnte
es enden
an diesem morgen
dieses schauen
alles schauen

als ginge sie
nur dieses
eine mal
ihren weg

als gäbe es
die sonne
nur in dieser
einen stunde

aber der morgen
sind noch viele

und alles
erzählen
wird erzählen
von ihr


© schneewanderer


schauen IX




die gleiche erde
der selbe himmel

einer von uns
könnte die
augen schließen

er würde
immer noch sehen
diese eine erde
diesen einen himmel


© schneewanderer


wegkunft




es genügt
mein einer finger

der über die
blasser werdenden
bilder streicht

keiner ging
kein lachen
hat ihn je
geschlafen
diesen langen schlaf

keine träne
hat ihn je gestört

werde ich müde
vom erinnern
in irgendeinem sommer
lege ich mich
neben euch

einem sommer
wie er immer war
mit euch


© schneewanderer


7. märz 2010




schnee
noch immer
auf den vielen
toten bäumen

als ob auf
diese art
einer um
sie trauert

ihm folgten wir
hin zu den
wunden
offenen
flächen

bis zu den
zweigen
der mistel
bis hinein
in diesen
späten trost


© schneewanderer


atem




sie schreiben
gedichte?
ja
kann man
davon leben?
nein

aber atmen
davon
durch sie

um einzutauchen
in dies andere leben


© schneewanderer


mutfassung




wer wären wir
wie wären wir
ohne den anderen?

zerbrochene hälften
eines gefässes
in dem sich
nichts mehr sammelt

mit kanten so scharf
daß das leben
sich daran
dauerhaft verletzt


© schneewanderer


8. August 2010

burg guttenberg am neckar




im schatten
von so vielem
von burg
und kappelle
selbst den neckar
sieht sie nicht mehr

den rosenstock
lange gepflanzt
nach ihr
vor ein
anderes grab

du weinst
um sie
um ihr kind

hilflos wie ich
vor der zeit
vor ihren schatten


sopie von der lühe
geborene freyin von gemmingen-guttenberg
geboren den 31.märz 1860
gestorben den 12. märz 1881

hedwig von der lühe
geboren den 22. februar 1881
gestorben den 11. märz 1881


© schneewanderer


geranien




ich trug sie
auf den ahnungslosen
schultern der kindheit

als wären
alle fenster
zu groß geraten
mußten sie
die sonne teilen
mit ihnen

kübelweise
barg ich sie
vor dem frost
ins dunkle

blüht heute
das erinnern
nie weiß ich
welchen duft
es hat

den nach licht
den nach schatten

und die ich
fragen könnte
sind längst verblüht


© schneewanderer


der fuchsturm in jena




hat er ihnen
je geleuchtet
den fischern
auf der saale?

mich treibt er
dem schlaf
in die netze

hier unterm
dachfenster
in sternklaren nächten
hier am
anderen ufer
der geschichte


© schneewanderer


ermunterung




immer finde
ich dich
träumend
vor mir

dann zögere ich
dir zu sagen
daß ich gehen muß

ruhiger macht
mich nur
daß ich weiß
du träumst
nach mir

wirst wach
von den
träumen
von mir


© schneewanderer


mahnung im februar




als könnte
er bleiben
könnte hindern
das jahr
den kreis
zu vollenden

sei klug winter
nimm deine
farbe zurück

keine der anderen
haben wir vergessen


© schneewanderer


wartezimmer




wenn das hier
das nun
und heute hier
was uns
beim namen nennt

wenn das hier
nur eine türe wäre
eine von vielen

türen die wir öffnen
türen die wir schließen

wir würden
nichts anderes tun
wir würden
nichts besseres tun

als türen zu schließen
als türen zu öffnen


mit einem danke an ET*
für die inspiration


© schneewanderer


stammbuch




vor mir viele
nach mir keiner
blühender zweig
am toten baum


© schneewanderer


12. februar




der himmel
blutet
in weich
und weiß

er wird
mir heute
die stelle
zeigen
wo ich
einen engel
in seine
wunde
legen kann


© schneewanderer


traudel II




ein wenig schnee
bedeckt dich
vieles an erinnern

du würdest
deine freude haben
an der kleinsten:
ja die freche blonde
von der dir
vater immer erzählt
am grab

schlafe noch
unbesorgt

sie weckt dich
früh genug

meiner mutter
meiner nichte


© schneewanderer


scheu




tieren gleich
der drang
nach höhlen
dem nach
verstecken

scheu geworden
auf dieser langen
reise seither

das wissen
um das zweite

dem fliehen
vor dem
fliehen


© schneewanderer


ausweg



wohin
wollte ich
noch wollen
außer zu dir?

keinen namen
spreche ich
leichter aus
bei keinem anderen
fällt es leichter
zu schweigen

hast mich
ärmer gemacht
um diese eine frage
um so viele
antworten reicher


© schneewanderer

deine hand




alles stehen lassen
wie es ist
wie es nicht
sein sollte

wenn sich der
frühling ein
herz nimmt
nehme ich dich
hin zu
irgendwelchen
bäumen
von denen du
geträumt hast

es werden
die gleichen sein
es werden
andere sein

sie tragen den himmel
sie halten die erde

zwei darunter
die sind
uns ähnlich


© schneewanderer


schauen VII




immer noch
die eiszapfen
im haselstrauch

immer noch
das kind
der erste weg
der zum fenster

wer könnte
sie nehmen
die spuren
in denen
ich gehe?

diese immer
zu großen
in denen
ich mich
wieder finde


© schneewanderer


gedichte erklären




als ob mich
so das träumen
einholen will
weil ich es
versäumte
wo es leicht
gewesen wäre

so ertaste ich
die welt bei tage
mit weit
geschlossenen augen

nie war es leichter
dies verirren


© schneewanderer


auepark XXXI




nur du
darfst dich
erinnern nennen
kehrt sich die zeit

nicht die stadt
die nach dir greift
immer noch
als hätte sie
nie begriffen

wie wund
herzen sind
ohne baum
und erinnern


© schneewanderer


schauen V




bedauernswerte reste
von schnee

verhalten
der mond

weit hinten
eine grenze
wald

da möchte
ich sein
vor tag

beim übergang
zeige ich vor
meine rissigen hände

ja
verwandte
will ich besuchen

bruder
und
schwester


© schneewanderer


vorausschauend




am ende
wieder wir
was wir waren
in unserem leben

betroffene seit wir
übers wasser gingen

uns trafen
einigen gesetzen
zu widersprechen


© schneewanderer


grammatik - sechs jahre vor dem wählen dürfen




warum das alles?

damit sie nie
aufhören
die fragen

mer werden
fiel mer

entschuldige
den sonntagvormittag
fern aller freiheiten
außer der
keine andere
wahl zu haben


© schneewanderer


schauen IV




du
eine helle
linie
gegen das
dunkel

arme
mund
loslassen

zwei stunden später
deine stimme am telefon

die
nach
armen
mund
ankommen


© schneewanderer


von der ewigkeit




ein tropfen wasser
in diesem meer
an dessen stränden
wir ertrinken werden


© schneewanderer


tiefenbach XIII




kannst du
sie aushalten
die nächte
unterm frost?

sag schnell ja
bevor er es sich
anders überlegt

zum wasser
bringe ich dich
zum kalten

und deine füße
werden leicht
und leichter
überm eis

mich aber
lasse zurück
dieses eine mal

einer wie ich
dem die erde
immer schon
sicherer erschien
als dieses
schweben
ohne flügel


© schneewanderer


wie schnee




wollte schreiben
daß ich deine
spuren sah
im weiß
des morgens

daß ich
seit heute
weiß
wo die
amsel schläft
im garten

wollte soviel
schreiben
vor lauter schnee

aber wir
kamen überein
es zu belassen
beim diesem weiß
auf erde
und papier


© schneewanderer