28. August 2012

paulina




ein zwei
weltkriege
blieben zukunft
ein strenges hochzeitsfoto
viellebiges
totgeborenes

versprich
das nächste mal
auf das zu hören
was fällt
bevor du gehst
um brot
in den tod

paulina studer
1861 - 1880
gewidmet

von einem baum erschlagen
als sie ihrem vater essen
in den wald brachte


© schneewanderer



sousse XII




mauerwärts schlafend
im schmalen schatten
die noch schmälere katze

nie waren sie sicherer
bruder flug
schwester himmel
vater feder
mutter schnabel


© schneewanderer



26. August 2012

waisenkind




sei ein
braves kind
gedicht

leugne den vater
verschweige die mutter
kehre nie wieder heim

die wiege
verbrannt
in der asche
spielen die
nächstgeborenen


© schneewanderer



sousse IX




von allen stränden vertrieben
die streunenden hunde
zwischen den
aufgelassenen hotels

so bellt man
um heimat
als gäbe es eine
an einem
einzigen strand


© schneewanderer



tierlos




vor die hunde gehen
nie mehr mit den
wölfen heulen
schade nur
daß wir das
sinkende schiff
als menschen
verlassen


© schneewanderer



22. August 2012

sousse VII




das meer
in allen farben
in einer davon

und nur
ein blick
liegt dazwischen


© schneewanderer



zollkontrolle




nichts anzumelden
außer diesem
braunen notizblock
sand immer noch
zwischen den gedichten
aber die leugnen
alle grenzen


© schneewanderer


sousse V




verzeiht mir
diese zwei
hände nur
die paar sätze
alles zu verneinen
genügen sie nicht

seid dankbar mit mir
auf das eine paar ohren
für mich: die doch nie
alles überhören.

nach dem besuch der medina in sousse


© schneewanderer


sousse IV




dies mein gott
meine kirche
der tropfende
wasserhahn
unter dem sich
die vögel verneigen
in demut


© schneewanderer



sousse III




europa hätte platz
auf einem liegestuhl
falls dieser nicht
reserviert wurde
vor sonnenaufgang


© schneewanderer



19. August 2012

sousse II




immerwährender sand
aus ihm forme ich
dies gedicht
aus dem nagen der wellen
an allem beständigem

auf dünne beine
stelle ich es
wie die der amseln
dort im dürftigen grün
das nur fremde
wasser erreichen


© schneewanderer



sousse I




schöne du
noch immer belagern
deine verehrer den hafen
keiner der sich fand
die segel zu streichen
draußen unter
deiner augenbraue
aus salz und wind


© schneewanderer



3. August 2012

enteignung




gebt mir land
viel land
alles land

pflügt es um
gründlich
gut
lange

die störche
finden sich
von selbst ein

erst dann
kann ich
meinen namen
ablegen


© schneewanderer