29. Februar 2016

besser geschwiegen




diese eine
einmalige
gelegenheit
versäumt

damals

als wir
glaubten
ein wort
ändert
nichts

es gibt
sogar
dem staub
eine neue
form

dort wo
wir es
wagten
aufzutreten
als hätten
wir eine
stimme


© schneewanderer



nächstenliebe




außer
sich
sein

auch
eine
form
der
zuneigung

© schneewanderer



dont`t fear the reaper




oh
den schicken
wir in andre
gärten
dort wo die
mühe
eher lohnt
das vergnügen

unser grün
gedeiht
bis in
manche
ewigkeit
überwuchert
das verderbliche

oder legt
es frei


© schneewanderer



28. Februar 2016

abwesenheitsnotiz




nicht
unter euch
bei euch
nicht einmal
neben euch

apfelkuchen
essen
in solitaire

einer
zukünftigen
studentin der
musik
die windeln
wechseln

auf einem
großen stein
mich von den
ziegen bestaunen
lassen

nein
keine
ansichtskarte

von dort aus
schreibe ich
nicht


© schneewanderer



trübung




manches
ein schatten
nicht nur
im erinnern

es hält
mich wach
bis ich
etwas
grundlegend
trauriges
schreibe

danach ist mir
nach rotwein
die toten
zum leben
erwecken
und amon amarth


© schneewanderer



beieinander




aufs neue
den teufel
an die wand
malen
sei gast hier
unter uns
wir nähren dich
unser feuer
wärmt uns alle

treuer
gefährte
du
seit uns
alle guten
geister
verließen
wer vermißt
schon die
ewig sanften?

© schneewanderer



handhabe




die sprache nehmen
wie einen klumpen erde
ihn betrachten
nein nicht

von allen seiten

ablegen
die scheu

worauf noch
warten?
alles schon
gesagt
alles schon
geschrieben

wir wiederholen
nur wunder

© schneewanderer



weder noch




brücke
ohne
ufer
zu nichts
weite
ich
meine
arme

außer
zu mir
immer
wieder
wieder
für immer
zu dir


© schneewanderer



26. Februar 2016

janine




noch
entzifferbar
was du
hinterlassen
hast
mit nun
vergehender
schrift

blau
immer
wieder
blau

jede woche
verfärbte
sich der
briefkasten
aufs neue

wie sahen
sie wohl aus
die hände
fähig
meine zu
führen
ans licht?


© schneewanderer



granatapfel




nie
in deinem
schatten
keine wurzeln
die halt
versprechen
würden

erde
gebe ich dir
wasser

dein früchte
bestaune ich
ehrfürchtig
am ende
des winters
der nie mehr
sein wird


© schneewanderer



trugschluß




hätte ich
doch nur
wahrheiten
halbe
oder lügen
gute

nichts
weniger
als nichts

mehr
viel
mehr

und
gefährlicher

dieses
dünne
seil
poesie


© schneewanderer


25. Februar 2016

august




morgens saß er auf der holzkiste neben dem küchenherd,
unrasiert - die haare waren immer eine unbekannte gleichung der windrichtung.
die große kaffeetasse in beiden händen, noch immer in langem nachthemd.

wir sahen ihm ehrfürchtig zu wie er den hefezopf behutsam in den kaffee tunkte,
spätestens ab dem zeitpunkt war er nicht mehr von dieser welt.

kinder spüren diese momente,
werden für diesen kurzen augenblick erwachsene -
und vergessen es im nächsten wieder.

das älteste bild von ihm, das ich kenne, zeigt einen jungen mann.
die krawatte auf halbmast.
man könnte meinen ein foto nach einer prügelei im wirtshaus -
und das käme der wahrheit wohl ziemlich nahe.

sein letztes bild ein alter mann auf einem stapel holz vor dem hühnerstall.
müde, die hände auf die oberschenkel gestützt.
er wird bald gehen nur mit einer plastiktüte in der hand.
seinem zweiten wird er sagen ich komme nicht wieder aus dem krankenhaus.

die oberen - immer machen sie die gleichen fehler:
bauern, handwerker in den krieg schicken.

aus rußland schmuggelte er bilder in den socken heim,
seinen söhnen sagte er betet zu gott, daß wir den krieg verlieren.

seine einzige kuh holte er aus dem wald zurück von den deutschen soldaten.
sie taugte genau so wenig für den krieg wie er - mein großvater.


© schneewanderer



weitsicht




wüßte
ich
was
lohnen
würde
zu schauen

als erstes
als letztes
als nächstes

mir fiele
immer
wieder
ein der
anfang

ein
weißes blatt
papier
am
ende


© schneewanderer



24. Februar 2016

regel




keinem zwang
unterwirft sich
alles leben

nur dem einen
frei zu sein

ohne uns
die freiheit
zu lassen


© schneewanderer



neue ordnung




das wasser
nenne ich erde
die luft
schaut zu dabei
hindert mich
nicht daran

wie könnte sie

zu feuer geworden
bevor sie ihren
segen dazu gab


© schneewanderer



heimweh




meine jungen winter
beim dorfschuster
vor dem ofen
seiner werkstatt
storyteller im
rollstuhl
und der gabe
uns vom eis
fernzuhalten

ja
damals
wärmten
die worte noch
hielten gefangen
ließen frei

dorthin will
ich zurück
kann nicht mehr

und nun ist alles
was ich schreibe
sehnsucht


© schneewanderer



zwist II




etwas länger
gebraucht bei euch.
den tatort vor augen
kam ich euch lange
nicht auf die schliche.

nasche nach wie vor gerne an den himbeeren
so im vorbei gehen einen roten mund abholen 

nichts schöneres im sommer - nicht viel.


mit der ersten wärme gehört die hauswand ihnen,
das aus den augen verlorene stück grün 

in dem man sie nur schwer entdeckt.

hätten sie sich nicht
an den himbeeren vergangen
ich hätte länger gebraucht an drachen zu glauben.

ja, es sind nur eidechsen.

einmal flog eine gießkanne im hohen bogen durch den garten. 

eine nun für immer verloren gegangene urlaubsvertretung hatte sie entdeckt.
erschrocken sind beide: mensch und reptil.
nun sind wir wieder unter uns.


© schneewanderer



zwist




immer dieses gezerre mit dir, fast glaube ich du
verwechselst mich mit einem regenwurm.

da kann man dir wochenlang aus alten zeiten erzählen
und vorschwärmen wie schön die winter
damals waren - keine reaktion.

eher höre ich das gejammere über den karg gedeckten tisch anderswo,
die tonnen von kieselsteinen wo einst rasen war.

nö, den schuh
ziehe ich mir nicht an.

urwald anstatt maßband, wildwuchs statt geometrie.

so schwarze, die zwei äpfel noch und dann ab mit dir in deine hecke.
wäre es einfacher bussarde anzulocken, na du weißt schon..



© schneewanderer



losung




wir sind endlich
wie unsere erinnerungen
von den ausnahmen
leben wir


© schneewanderer



vorrede




nie alles
gesagt
gedacht
geschrieben

vorher
dieses
leben
einzig
endlich

mit etwas
glück
dazwischen


© schneewanderer



noch




was du willst
nicht gehen?

dann nehme
ich dich
vom himmel

mond

einsame wir
unter den
menschen


© schneewanderer



23. Februar 2016

strandgut




eine brille braun
meerblaues briefpapier
darauf eine zärtliche schrift

jahrzehnte
vermögen es
nicht ihr diese
eigenschaft
zu nehmen

vielleicht
eine frage
vielleicht
eine antwort

nur
nie mehr
zu entziffern
auf den
vergänglichen
blättern


© schneewanderer



22. Februar 2016

wunder




eines nur
unter vielen

seit dem
ersten
schrei

erschaffen
zerstören

immer wieder
blinden spiegeln
die lippen
anbieten
erschrecken
darüber
daß der kuß
erwidert wurde


© schneewanderer



nevermore




meist waren es vier oder fünf schritte anlauf:
nie bemerkte ich sie. ein satz und 50 kilo hingen
mir um den hals - das meiste davon locken.
der rest lachen und ein ganzes verrücktes leben vor sich.
soweit der plan, irgendein plan hätte es sein
müssen. irgendein gottverdammter plan.

dreißig jahre später wache ich auf in der nacht,
ziehe mich an und gehe. suche sie, finde sie.

lange bevor sie mühevoll ihr leben weggibt zwischen überrollbügel und straßengraben.

ich hebe sie auf, trage sie heim - es wären nur ein paar schritte gewesen damals. bevor sie einschläft streiche ich die blutverschmierten haare aus ihrem gesicht. ja - ich verspreche es.

nie mehr drehe ich mich um vorher.
nie will ich wissen was plan ist, was leben.


© schneewanderer



möglichkeit




gewalt
ist keine
lösung
aber
eine
antwort


© schneewanderer



21. Februar 2016

ständehaus - düsseldorf




erpel im spiegel
spinne im netz
der eintritt frei

für die sinne
bitte einen teller
mehr auf den tisch

es war gestattet
mit den augen
den hunger
zu stillen


© schneewanderer



morgen in der großstadt




nach dem
grün
ging ich
nach unbekanntem
gelb

mit schmutz
am rand
diese kleine
erfüllte hoffnung
morgens
als die erde
die straßenbahn
das erste mal
verschluckte


© schneewanderer



vollendeter rohbau




um die
eine aussicht
beraubt
der himmel
paßt sich
nun der
marktlage an

ihr schachert
um das
was keinem
gehört
keinem
verwehrt
werden
sollte


© schneewanderer



18. Februar 2016

iffezheim - staustufe




sie nehmen dir
vom innersten
förderbänder
uferlang
auf ihnen
liegt dein
herz

ach ich möchte
es nehmen
behutsam tragen

zurück
egal an
welches ufer


© schneewanderer



dialog - 1995




ich habe dir
ein paar
dahlien
aus dem
garten
geklaut

wer war
die glückliche?

nein
für mich
mir war danach


© schneewanderer



regung




wieder
am strand
sein können
black label
nahe am
gefrierpunkt

hinter mir
nur ödland
wüste
ein unsicherer
streifen straße

dich mache ich
nicht zum traum
stadt am meer


© schneewanderer



schonung




himmel nun
wo baum war

laute
leben
morgen

als ob
die erde
müde
ihrer werke

ging sie
geduld
zu pflanzen
unter uns
hastigen


© schneewanderer



17. Februar 2016

schein




das erste licht
ich erschaffe es
mit einem gedanken
flüchtig nur
aber der widerspricht
jedem dunkel


© schneewanderer



schimmer




was bleibt
ist nicht
der rede
wert

lest
vergesst
alles
lebt
erinnert
euch nicht

traut
keinem
wort
ausgenommen
dem das ich
verschwieg


© schneewanderer



16. Februar 2016

dichterliebe




um jedes wort
eine strähne
von deinem haar
in jede falte
kein satzzeichen

meiden wir
den blick
zurück
einer
ohne
des
anderen
wort

lass uns
der sprache
unser versprechen
abgeben


© schneewanderer



anhaltspunkt




luft läßt er dazwischen
luft zum atmen
nie zu dicht am genauen
genau eine note vorher
hört er auf der dichter


© schneewanderer



15. Februar 2016

staub




bilder
mühsam
aus der zeit
gezerrt

das vergessen
schwerfällig
das erinnern
ein mehr
und mehr
milderes
urteil

keinen
richter
den ich
finde
es zu
revidieren


© schneewanderer



ansichtskarte




trinkt tee
mit den trollen
kitzelt die drachen
bis die berge
wieder
feuer lachen

seid
meer
land
himmel
wolke

seid ihr
dann
seid ihr
alles


© schneewanderer



14. Februar 2016




uns hindert
nichts
kein maß
kein ufer
keine begradigung
nicht der versuch dazu

wir sind
quelle
mündung
delta

alle wasser
singen
unser lied


© schneewanderer



endlich




wunder
wir
zerbrechlich
endlich

es geht
mit uns

läßt zurück
was nicht
gefunden
werden sollte
nimmt mit
was nie mehr
geschrieben wird



© schneewanderer



hinwendung




gering geworden
alle winter
nun häufe ich
stummes
im garten

sei gast
teile mit
mir dein
schweigen


© schneewanderer



AFD



im trüben fischen
irgendetwas
geht immer
an den haken

windet sich
daran
krümmt die
wahrheit
zur parole



© schneewanderer



13. Februar 2016

vers-maß-regelung




wieder mit
den toten
sprechen
die lebenden
küssen

die augen
schließen
dort sein
wo ich
sein will
wo ich
war
wo ich
sein werde

die augen
öffnen
die worte
lesen

weg gehen
nie mehr
zurück kommen
nie mehr
den finger
legen in die
gleiche wunde
wort


© schneewanderer



12. Februar 2016

wehrlos




wohin sonst
mich legen
als neben
deinen schlaf?

in deinen
atem
neben
den meinen

mein ohr
an deinem
traum
mein
leben
an deinem



© schneewanderer



11. Februar 2016

feuermacher




elementares
treiben
den dingen
auf den
grund gehen
bis hinunter
in die wurzel

bis die kälte
kriecht aus
dem jungen
morgen
der sich
schüttelt
einmal
zweimal

bis aus
seinem haar
funken fliegen

rote sterne
gefangen
im schamott

einmal
befreie ich sie
öffne alle fenster
gebe dem
himmel augen
der nacht eine seele
mir endlich ein herz


© schneewanderer



alles




wir sind alles
im gedicht
wenn wir
zulassen
es nicht
zu binden
an einen ort
an eine zeit

wir sind nichts
ohne gedicht
ohne uns
zu lösen
von ort
und zeit

für hanna



© schneewanderer



10. Februar 2016

zurück




wahrscheinlich
waren wir
immer weit
entfernt
was wahr
so wie
wir waren
vielleicht
finden wir
die wiege
wieder
wo alles
begann
vielleicht
findet sich
einer
uns in
sicherheit
zu wiegen


© schneewanderer



9. Februar 2016

vermächtnis




wir werden
wolke sein
bunt im grau
getüm
aus war
wahr ist
daß wir
noch sind


© schneewanderer



8. Februar 2016

silberreiher




geduldiger tod
wie es scheint

stolz bis in
die schnabelspitze

aber der anblick täuscht

gelassenheit
eher
darüber
daß jedes leben
einmal unvorsichtig
endet


© schneewanderer



geht endlich




das müßt ihr verstehen
ihr seid nicht die letzten
wart nicht die ersten
nichts gebe ich euch
mit auf eurem weg
kein bedauern
kein versprechen

aber ihr werdet
ihn erkennen
irgendwann
den der euch
dem licht aussetzte

der euch gedicht
nannte
ein versprechen



© schneewanderer



7. Februar 2016

flehen




götter
gebt mir einen tag lang
euren ausweis
für die heiligen hallen

ja es ist dringend
aber das wisst ihr
schon lange

räumt schon mal
auf vorher
sonst muß ich
es tun

aber das bleibt
mir wohl nicht
erspart

schämt euch bis
in eure ewigkeit
nicht in meine



© schneewanderer



ende - anfang




hier war leben

ast und zweig
trieb und wurzel
grün und feder
nest und flug

winter wird sein

kalt und dunkel
morgen und nacht
gestern und heute
mit dir und ohne dich


© schneewanderer



5. Februar 2016

alles neu




deinen
atem
nehme ich
dir
erde

deinen himmel
deine wasser
deine berge

alles was
dich ausmachte
dir wichtig war
einfach alles

nur den menschen
lasse ich dir
und dieses mal
sei vorsichtiger


© schneewanderer



4. Februar 2016

von heute an




noch zwei
tage zur arbeit
zehn jahre

dazwischen
leben
neugierig
wie lange
nicht mehr

vielleicht
kann ich ihm
ein paar fragen
beantworten

vielleicht ist
dieses dazwischen
die antwort


© schneewanderer



3. Februar 2016

brot



einen waschkorb voll
einmal im monat
unten aus dem
keller der großmutter

wir kleinen
wurden geschickt
mit der zeit
immer geschickter


immer noch
warm und
duftend
diese versuchung
der wir alle erlagen



© schneewanderer



1. Februar 2016

stillstand




vor der zeit wach
wieder einmal
überlistet bevor
sie unanständig
knapp wird

dieses eine mal
teile ich nicht
nichts von dem
was wichtig
sein wird später

die welt
als leise musik
als gedanke
als zuneigung
als geschriebenes wort

wäre da ein spiegel
nichts anderes
würde ich sehen
außer der zeit
der ich fesseln anlege


© schneewanderer