30. Dezember 2017

jahr




flüchtig
wie immer
immer noch
keiner wird
nach dir suchen
heute schon
geschichte
nach wie vor
endet mein
mitleid
um mitternacht


© schneewanderer



5. Dezember 2017

sorgenfalte




kein
tal
kein
gipfel

unüberwindbar

nicht einmal
der durst
nach leben
nach den worten

nach denen
die ihn stillen


© schneewanderer



quartal ultimativ



 
nie das letzte
bis auf dies
eine mal

die gleichen
rechnungen
präsentiert
als sensation

mache dich
langsam jahr
leise
auf daß keiner
dich gehen hört


© schneewanderer



28. November 2017

Malvinas




öde
immer noch
auch nach
dem letzten
schuß

nach wie
vor das
obst per flugzeug
nur aus chile

die überlebenden
kommen zurück
einige
beklagen ihre toten
weinen mit denen
die man feind nannte
viele
waren sich danach
der größte feind


© schneewanderer





"in einem Beitrag des Deutschlandfunks vom 1. April 2006 wurde nach den Angaben eines Erkrankten die Zahl der Selbsttötungen der Veteranen der argentinischen Armee auf exakt „454“ beziffert, was die Zahl der im Kampf Gefallenen übersteige"

Quelle: Wikipedia





28. Oktober 2017

meise




gast
wir
beide
unter
der
letzten
sonne
nur
dein
flug
macht
aus
den
unterschied

mein verlangen danach


© schneewanderer



betrachtungsweise




ein altes
schlechtes bild
obwohl voller
schönheit
eine frau
meine mutter
wird sechzig
wird noch
fünf jahre leben

die zeit ist
ein blender
die vergangene
die gelebte
nur die zukunft
verweigert sich
beharrlich


© schneewanderer



25. Oktober 2017

irgendwann





nur dieser
eine schritt
mehr
zu viel
zu wenig
mehr ist
da nicht
an taumeln
weg von allen
hin zu allem


© schneewanderer



junge distel




zart
in deiner
jugend
nur du
geduldig
mit dir
dem kommenden
schmerz
versteckt
im
violett


© schneewanderer



10. Oktober 2017

ungemach




armes jahr du
sie haben dich
fast alle
schon abgeschrieben
ein häckchen gesetzt
auf der liste
die nie endet
je einen anfang hatte

einzig ich
der beim ersten
schnee wieder
im garten sitzt
den gewohnheiten
widerspricht
und den vögeln
einredet
ihr könnt bleiben
die jahreszeiten
sind abgeschafft


© schneewanderer



aspirant




irgendwelche
nachrufe
dahin gesudelt
der pflicht halber
dann lieber
ehrliches bedauern
darüber daß
keiner mehr
dem dasein
ins wort fällt


© schneewanderer



28. August 2017

versäumnis




stille
als antwort
sogar in unseren
lautesten momenten

fraglos

trägt sie uns
wir aber ertragen
sie nicht
uneinsichtige
mit dem ewigen bedürfnis
uns mitzuteilen


© schneewanderer



schwelle




ein verzagter
sonnenaufgang
droht
halbherzig
hartherzig

auch auf
mein bitten hin
keine antwort
ob er eine tür
öffnet oder schließt


© schneewanderer



vom reichtum




ahnen
ahnhäufen
das zuviel
meiden
durch das
wenige
an worten

aber die genügen
für ein glänzen


© schneewanderer



16. August 2017

luftwort




den atem

vermissen
wie jenes wort
von dem ich dachte
es würde gebraucht

von keinem

soll es heißen
notwendig

außer diesem einen
das ich
dauerhaft
verschweigen werde


© schneewanderer



11. August 2017

gute reise




nun schwimmt er davon
auf einem traurigen
freitagnachmittag
dieser leichgläubige sommer
irgendeiner hat ihm erzählt
geduld
nur
geduld

vertraue keinem
der dich
verrät an
das kommende


© schneewanderer



2. August 2017

unter zunehmenden monden




verwegen der gedanke
den schmetterlingen
zu lauschen

aber keinem anderen
leihe ich mein ohr
sommers
da die himmel
nichts gutes
verheißen


© schneewanderer



15. Juli 2017

brief an john II




nun ist es wieder ruhig, ja ich weiß - zu ruhig für dich.

der trompeter griff nur einmal daneben, viel mehr leute waren bei dir als erwartet.
ja, ein paar von ihnen müßtest du noch kennen, die kinder von damals auf der
dorfstraße im januar 1945. mein vater war dabei, so sehr ich mich auch anstrenge:
ich kann mir seine angserfüllten augen nur ansatzweise vorstellen.
ihr wart euch ähnlich für diesen kurzen augenblick der panik.

er hat sie überlebt, du hattest dich entschieden deine geschundene honey chile
noch einmal gen himmel zu quälen. dieses letzte der schwerkraft widersprechen
endete im feuer, in deinem tod.

eine tafel nun im wald, ein heraus zerren aus dem vergessen.
ein alter mann mit vielen schlechten träumen weniger.


© schneewanderer



6. Juli 2017

wandel




von nun an dies
meine sprache
das stetige wachsen
unterm apfelbaum

manchmal
lächelt
mich
ein
junger
schmetterling
an

kurz bevor
ich vergesse
zu schweigen


© schneewanderer



17. April 2017

GBU-43/B Massive Ordnance Air Blast




angst
vor dir
angst
vor deinen
kindern

furcht
große furcht
vor deinen enkeln
vor der angst
die ihr nicht habt


© schneewanderer



13. April 2017

heidelberg-thoraxklinik III




ein nicht
bestimmbarer baum
vor dem fenster
mehr von ihnen
die welt wäre
neugierig geblieben

auf ihm
papageien
in der dritten generation
über allem
ein hastig
herbei zitierter reiher
um dem vertrauten
geltung zu verschaffen


© schneewanderer



29. März 2017

übertreibung




nein
nicht
dir
alleine
gehört
dieser
verfrühte
blaue
himmel
da oben

auch
wenn
du
mit allem
blühst
um
ihn
apfelbaum


© schneewanderer


18. März 2017

erkenntnis




in gelb
der morgen
zerbrechlich
leicht wie
manches wort
hätte sein können

dieses eine mal
schweigen
dem falter
nachsehen
in seine
unsichere zukunft


© schneewanderer



9. März 2017

erwartungshaltung



irgendeiner
wird sich finden
dem regen
an den kragen
zu gehen

bis er um hilfe schreit

die sonne am nächsten dann
dieses eine mal nur
nicht taub

wird sie ihm
dem mund verbieten
bis der klatschmohn
ihn wieder herbei sehnen wird


© schneewanderer



21. Februar 2017

abstand




mag es mir
einmal gelingen
dieser zustand
fern
allen spürens

nie mehr
würde sich
schließen
ein ganzes

etwas das
unbeschrieben
sein will
trotz all
meiner
gegenteiligen
versuche


© schneewanderer



19. Februar 2017

rückschnitt




ans licht gerückt
nach all den jahren
willkommen dort
efeu

schöner du
halb baum
halb haus

grün
sei unser jahr
von nun an


© schneewanderer


14. Februar 2017

bloody sunday




nebenan
hinterm küchenfenster
läuft russia today
schmale kost
auch am siebten tag
irgendwann
rast der pflegedienst
relativ unkontrolliert
um die ecke

regnen wird es
stupid
unnötig
boshaft

das schlimmste aber
mir fällt kein anderes
gedicht ein


© schneewanderer



6. Februar 2017

hanau hbf





über mir
im grauen
rot
streiten
tragfläche
und
bugspitze
um den
besten platz
im spinnennetz
frankfurt

fast scheint
er vergessen
dieser eine himmel



© schneewanderer



30. Januar 2017

station 15 - zimmer 4




mit mir gingen
die bücher
die gespräche
das schnarchen

mein werben
er solle die
ortenau besuchen


geblieben
die liebe zum film
zum spanischen roten

und der sieg
beim tischfußball
draußen im kleinen park

für norbert


© schneewanderer



29. Januar 2017

brief an john




sie haben dich mac genannt, john ist mir lieber.

darfst noch mal fliegen im sommer, dorthin wo du geerdet wurdest.
sie werden da sein; die kinder von damals. mit ein paar schlechten
träumen weniger seit sie dich sahen tot im schnee.
nicht erschrecken wegen der vielen menschen, der fotografen
und daß dein ende nun per gps-koordinaten erfaßt wurde.

ein paar reden kommen auf dich zu, eine gedenktafel - dreisprachig.

sorry, deine alte honey-chile wurde gleich eingesammelt damals im winter 45.

du lagst in ein paar jahre auf dem kleinen dorffriedhof, sie nahmen sich das
recht heraus, dich mit einem segen in geweihte erde zu legen.
ach ja, deine crew - alle heil vom himmel gefallen. ein paar monate nur pow,
wollte ich dich noch wissen lassen.

bis im sommer dann john, wir holen dich aus dem vergessen.


© schneewanderer



25. Januar 2017

heidelberg-thoraxklinik II




vor dem fenster
tänzelt die amsel
geduld in die kälte

mit ihr
nur mit ihr
schreite ich
vom licht
in den schatten


© schneewanderer



heidelberg-thoraxklinik




hinter der cafeteria
hat man gebote verscharrt

nicht zehn
alle

bis auf eines

atme


© schneewanderer